Psychologie politischer Reden und Kommunikation

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Politische Psychologie: Denkorientierungen und Denkmuster von Führenden in der Politik

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Politische Rede im Wortlaut

 

Helmut Kohl: Große Regierungserklärung am 30.01.1991

 

Redeanalyse (Kommunikationsprofil)

 

 

„Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Diese Regierungserklärung fällt in eine Zeit, in der sich viele Menschen weltweit große Sorgen machen: wegen des Krieges am Golf, aber auch wegen der Vorgänge im Baltikum. Wer könnte diese Sorgen besser nachvollziehen als wir Deutschen, die wir - aus der Schuld der NS-Diktatur - die Schrecken und Leiden des Krieges am eigenen Leib erfahren mußten.

 

Vor diesem geschichtlichen Hintergrund sind wir um so dankbarer, daß wir im vergangenen Jahr die gemeinsame Freiheit für alle Deutschen gewinnen konnten. Dies nimmt uns besonders in die Pflicht. Die vergangenen Jahre waren eine Zeit der Hoffnung und der großen Zuversicht. Langgehegte Träume gingen für uns in Erfüllung, und unser Augenmerk richtet sich vor allem auf die Chancen, die der Wandel auf unserem Kontinent und in anderen Teilen der Welt verhieß.

 

Bei der Gestaltung der Zukunft wollen wir von unserer gemeinsamen Freiheit verantwortlichen Gebrauch machen. Das bedeutet, nicht nur das Wohl unseres eigenen Volkes im Blick zu haben. Denn im Leben jedes einzelnen wie auch für das staatliche Handeln gilt: Freiheit und Verantwortung gehören unauflöslich zusammen.

 

Angesichts der aktuellen weltpolitischen Entwicklungen wäre es ein verhängnisvoller Fehler, wenn wir vor neuen Gefährdungen von Frieden und Freiheit die Augen verschlössen. Ebenso gefährlich wären aber auch Resignation und Flucht aus der Verantwortung. Die militärischen Auseinandersetzungen am Golf gehen jetzt in die dritte Woche. Kaum jemals zuvor hatte die Völkergemeinschaft ähnliche politische Anstrengungen unternommen, um einen bewaffneten Konflikt abzuwenden. Sie alle scheiterten an der kategorischen Weigerung des Irak, die Beschlüsse der Vereinten Nationen - also den Willen der Völkergemeinschaft - zu erfüllen und die gewaltsame Annexion Kuwaits rückgängig zu machen. Der irakische Präsident Saddam Hassein allein hat diesen Krieg zu verantworten, den Krieg, den er am 2. August 1990 durch den brutalen Überfall auf Kuwait begonnen hat. Er hat es in der Hand, ihn sofort zu beenden. Er hat Kuwait unverzüglich und vollständig zu räumen. Eine Bereitschaft Saddam Husseins zum Einlenken ist bis jetzt nicht erkennbar. Im Gegenteil: Die barbarische Vorführung offensichtlich mißhandelter alliierter Kriegsgefangener vor den Medien, die Aufforderung zu weltweitem Terror, die vorsätzliche Verseuchung des Golfs mit einer Ölpest und die jüngste Drohung mit dem Einsatz atomarer, biologischer und chemischer Waffen lassen die klare Absicht erkennen, diesen Krieg zu eskalieren. Zugleich versucht er, ihn auf Unbeteiligte auszudehnen. Die Angriffe irakischer Raketen auf Israel haben nur ein Ziel: Israel soll um jeden Preis in die militärischen Auseinandersetzungen am Golf hineingezogen werden. Dies ist ein Anschlag auf die Unversehrtheit und auf das Lebensrecht Israels.

 

Israel soll wissen: In diesen Tagen hat Israel unsere ganze Solidarität. Wir werden diese Solidarität auch dadurch unter Beweis stellen, daß wir Israel in seiner bedrängten Lage durch Ausrüstungs- und Materiallieferungen zum Schutz seines Territoriums und seiner Bevölkerung unterstützen. Wir handeln damit entsprechend der besonderen Verantwortung, die alle Bundesregierungen seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Staat und dem Volk Israel gezeigt haben. Solidarisch verbunden sind wir auch den Streitkräften der 28 Nationen, die für die Durchsetzung der Resolutionen der Vereinten Nationen für die Befreiung Kuwaits kämpfen. Die Verbündeten aus allen Kontinenten, allen voran die Vereinigten Staaten, erfüllen einen Auftrag der Völkergemeinschaft. Sie stehen im Kampf gegen eine Diktatur, damit wir alle - auch wir Deutschen - morgen in einer friedlicheren Welt leben können.

 

Sie bringen dafür Opfer; wir alle denken in dieser Stunde besonders auch an die Soldaten und ihre Angehörigen. An dieser Stelle erinnere ich daran, daß es insbesondere die Vereinigten Staaten waren, die 40 Jahre hindurch in Deutschland Frieden und Freiheit verteidigt haben.

 

Die Vereinigten Staaten haben ganz wesentlich dazu beigetragen, daß wir Deutschen unsere Einheit in Freiheit verwirklichen konnten. Um so verwerflicher ist es, wenn in diesen Wochen eine lautstarke Minderheit versucht, statt dem Irak den USA die Urheberschaft für diesen Konflikt zuzuschieben.

 

Unsere amerikanischen und unsere europäischen Verbündeten und Freunde sollen wissen: In diesem Kampf der Völkergemeinschaft um die Durchsetzung des Völkerrechts und die Wiederherstellung des Friedens stehen wir selbstverständlich fest zu ihnen!

 

Für ihre schwere Aufgabe werden sie von uns auch weiterhin jede Unterstützung erhalten, die uns möglich ist. Dies schließt auch künftig eine Beteiligung an den finanziellen Lasten ein. Die Bundesregierung hat daher gestern beschlossen, der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika für die ersten drei Monate dieses Jahres einen Betrag von 5,5 Milliarden US-Dollar zur Verfügung zu stellen. Zugleich möchte ich noch einmal betonen: Die Bundesrepublik Deutschland wird ihre Verpflichtungen sowohl im Rahmen der Vereinten Nationen als auch im Bündnis erfüllen. Das Bündnis, das uns Frieden und Freiheit über Jahrzehnte sicherte, kann sich auf unsere Solidarität verlassen. Das gilt - wie für alle Partner - auch für die Türkei.

 

Wir werden deshalb unverzüglich Einheiten der Abwehrsysteme Roland und Hawk in die Türkei verlegen.

 

Die Stationierung dieser Systeme dient dem Schutz unseres NATO-Partners Türkei und insbesondere der dorthin verlegten deutschen, belgischen und italienischen Verbände. Meine Damen und Herren, zu unserer Verantwortung gehört auch - das ist ein wichtiges Kapitel -, daß wir alles in unseren Kräften Stehende tun, um illegale Rüstungsexporte zu unterbinden.

 

- Meine Damen und Herren, ich glaube nicht, daß Sie Grund zu Unruhe und irgendeiner Bemerkung zu diesem Thema haben!

 

Ich bin sehr daran interessiert, daß wir - wenn Sie es wünschen -, in der nächsten Woche die Diskussion für die Regierungszeiten bis zum 1. Oktober 82 und ab dann führen.

 

- Die Moral muß für Sie heißen ‚Wahrhaftigkeit', Herr Abgeordneter.

 

Meine Damen und Herren, ich hoffe, wir sind uns wenigstens zu dem Punkt in der Feststellung einig: Es handelt sich um kriminelles Verhalten von Geschäftemachern, für die es keinerlei Nachsicht geben darf.

 

Wir werden daher zusätzliche Maßnahmen treffen und in den zuständigen Ausschüssen - auch mit der Opposition - beraten, um die Exportkontrollen noch weiter zu verschärfen und sicherzustellen, daß jeder Verstoß die verdiente schwere Strafe findet. Ich wende mich aber in diesem Zusammenhang gegen eine pauschale Verurteilung der deutschen Wirtschaft.

 

Gerade weil ich dies tue, appelliere ich auch an die Verantwortlichen der deutschen Wirtschaft, vor allem an die Spitzenverbände, das Ihrige zu tun, um diejenigen zu ächten, die in illegale Rüstungsgeschäfte verwickelt sind.

 

Wer sich in einer solch verbrecherischen Weise betätigt, verdient die Ächtung der ganzen Gesellschaft. Wir alle hoffen, daß dieser Krieg so schnell wie möglich zu Ende geht und damit auch die Leiden der Bevölkerung und aller betroffenen Menschen in der Region ein Ende haben. Ich habe Verständnis für die Angst, die manchen bei uns angesichts der Entwicklung am Golf erfaßt. Dennoch gilt: Frieden um jeden Preis kann und darf es nicht geben.

 

Der Friede kann dauerhaft und verläßlich nur auf dem Boden von Freiheit, von Recht und Gerechtigkeit gedeihen.

 

Das heißt für uns: Nach der Beendigung dieses Konflikts - wie wir hoffen, nach der baldigen Beendigung - müssen wir uns mit noch größerem Nachdruck als bisher auch den anderen Fragen der Region zuwenden. Neue zielstrebige Anstrengungen sind erforderlich, um auch im Nahen und Mittleren Osten eine dauerhafte Friedensordnung zu erreichen.

 

Es geht darum, das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes mit dem Recht auf Existenz und Sicherheit aller Staaten der Region einschließlich Israels in Einklang zu bringen. Auch im Nahen Osten muß es gelingen, die Gegensätze zu überwinden und stabile Sicherheitsstrukturen zu entwickeln, damit diese Region zu einem gerechten und dauerhaften Frieden finden kann.

 

Zur Stabilisierung der Region sind auch erhöhten Anstrengungen zur wirtschaftlichen Entwicklung und zur Überwindung sozialer Unterschiede unerläßlich. Wir werden zu gegebener Zeit - ich hoffe, daß dies bald sein kann - zunächst mit unseren Partnern in der Gemeinschaft die Möglichkeit eines umfassenden Entwicklungsplanes für den Nahen und Mittleren Osten erörtern.

 

Zunächst brauchen wir jedoch eine umfassende Lösung der politischen Fragen. Dies alles duldet keinen Aufschub, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, daß der Nahe und Mittlere Osten von einer Krise in die nächste gerät.

 

Die Bundesrepublik Deutschland ist bereit, zum Aufbau einer Friedensordnung wie auch zur Entwicklung der Region ihren Beitrag zu leisten.

 

Mit der Wiedergewinnung der vollen Souveränität wächst uns Deutschen nicht nur mehr Handlungsfreiheit, sondern auch mehr Verantwortung zu. So sehen es auch unsere Partner in der Welt. Sie erwarten vom vereinten Deutschland, daß es dieser neuen Rolle gerecht wird.

 

Es geht dabei überhaupt nicht um nationale Alleingänge oder gar Machtambitionen; denn für uns gibt es auf dieser Welt nur einen Platz: in der Gemeinschaft der freien Völker. Gefordert sind jetzt mehr denn je Vernunft und Augenmaß und vor allem auch das Festhalten an den Zielen, die wir uns vorgenommen haben.

 

Wir alle wissen, wir stehen am Beginn eines langen und auch beschwerlichen Weges: Wir wollen Deutschland zusammenführen, und zwar in jeder Hinsicht: geistig-kulturell, wirtschaftlich und sozial. Wir wollen mitwirken am Bau einer dauerhaften und gerechten Friedensordnung für Europa, die alle Völker unseres so lange geteilten Kontinents in gemeinsamer Freiheit zusammenführt. Wir wollen an einer Weltfriedensordnung mitarbeiten, die auf die Herrschaft des Rechts gegründet ist: auf die Achtung der Menschenrechte und des Selbstbestimmungsrechts aller Völker sowie auf den gemeinsamen Willen zur Bewahrung der dem Menschen anvertrauten Schöpfung.

 

Wir sind dankbar, daß wir Deutschen diesen Weg in die Zukunft seit dem 3. Oktober 1990 gemeinsam gehen können.

 

Für jedermann erkennbar hat es sich als ein großer Vorteil erwiesen, daß die staatliche Wiedervereinigung Deutschlands noch vor der Zuspitzung der gegenwärtigen Konflikte vollendet werden konnte.

 

Die vor uns liegenden Aufgaben sind schwierig, und wir alle können die Sorgen der Menschen in den neuen Bundesländern gut verstehen - Sorgen um den Arbeitsplatz, um die Zukunft; Sorgen aber auch um den schlimmen Zustand der Umwelt.

 

Wirtschaftliche, soziale und ökologische Fragen sind jetzt dringlich, aber sie sind wahrlich nicht die einzigen, die wir lösen müssen. Es wird lange dauern, bis die immateriellen Schäden aus der Zeit der SED-Diktatur beseitigt sind. Ich denke vor allem an die schwerwiegenden Folgen, die über vier Jahrzehnte kommunistischer Diktatur im geistigen Leben und auch in den Seelen der Menschen hinterlassen haben. In freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden - dieser Auftrag unseres Grundgesetzes von 1949 ist jetzt im staatsrechtlichen Sinne erfüllt. Es geht nun darum, diese Einheit zu gestalten. Unser Ziel ist klar: Wir wollen für alle Menschen in ganz Deutschland gleiche Lebenschancen gewinnen.

 

Zugleich, meine Damen und Herren, geht es darum, mit aller Kraft an die zweite große Aufgabe heranzugehen, zu der uns das Grundgesetz verpflichtet: das vereinte Europa zu schaffen, nämlich die politische Einigung Europas. Unsere Verfassung trägt uns auf, ‚als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen'. In der Tat: Wir dienen dem Frieden der Welt am wirkungsvollsten, indem wir die politische Einigung Europas beherzt und energisch vorantreiben.

 

Weder das vereinte Deutschland noch das immer mehr zusammenwachsende Europa können es sich leisten, den sich auftürmenden Problemen in anderen Regionen der Welt mit Gleichgültigkeit zu begegnen. Alle diese Probleme berühren uns unmittelbar. Indem wir gemeinsam zur Lösung beitragen, erfüllen wir nicht nur eine moralische Pflicht, sondern wir handeln auch im wohlverstandenen Eigeninteresse. Europa wächst jetzt zusammen auf dem Fundament jener Werte, die durch Christentum und Aufklärung geprägt worden sind. Aber für einen selbstgefälligen Eurozentrismus bei uns im Westen besteht heute weniger Berechtigung denn je. Deutlicher denn je zeigt sich in diesen Tagen und Wochen, wie eng unser Schicksal mit den Entwicklungen in unserer Nachbarschaft verbunden ist - im Osten unseres Kontinents wie auch im Nahen und Mittieren Osten.

 

Deutschland und Europa, meine Damen und Herren, werden nur gedeihen, wenn sie sich weder kulturell noch wirtschaftlich nach außen abschotten, sondern bereit bleiben, von anderen zu lernen und vor allem einem friedlichen Wettbewerb nicht aus dem Wege gehen.

 

Nationale Eigensucht während dieser Zeit wäre nicht zuletzt ein Zeugnis groben Undanks gegenüber jenen Partnern und Freunden, die jahrzehntelang unsere Freiheit geschützt und uns vor allem auch bei der Wiedervereinigung unseres Vaterlandes tatkräftig geholfen haben. Ich nenne hier insbesondere die Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreich und Großbritannien.

 

Ich würdige an dieser Stelle aber auch ausdrücklich den Beitrag von Präsident Michail Gorbatschow zur deutschen Einheit.

 

Viele haben uns in dieser Zeit auf dem Weg zur deutschen Einheit ein hohes Maß an Vertrauen entgegengebracht. Dieses Vertrauen zu erhalten, zu stärken und - das sage ich auch - sich seiner als würdig zu erweisen, das ist und bleibt Leitlinie unserer Politik.

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, an uns Deutsche richten sich hohe Erwartungen. Dies gilt nach der Wiedervereinigung gewiß noch stärker als zuvor. Ob wir diesen Erwartungen genügen und unserer Verantwortung in der Welt entsprechen können, hängt in besonderer Weise auch von dem wirtschaftlichen

 

Erfolg unserer Unternehmen - der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer - und aller anderen Gruppen in unserer Gesellschaft ab.

 

Dabei - ich will das klar aussprechen - ist wirtschaftlicher Erfolg kein Selbstzweck, und in ökonomischer Stärke sehen wir kein Ziel an sich. Aber hohe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist eine notwendige Voraussetzung für Wohlstand und soziale Sicherheit in ganz Deutschland, für den wirksamen Schutz von Natur und Umwelt und für die Hilfe, die wir außerhalb unserer Grenzen leisten können und die von uns erwartet wird. Erst ein solides wirtschaftliches Fundament eröffnet politische, wirtschaftliche und soziale Handlungsspielräume hierzulande und darüber hinaus.

 

Meine Damen und Herren, in den kommenden Monaten und Jahren hat ein Ziel hohe Priorität - für mich absolute Priorität -: gleiche Lebensverhältnisse für die Menschen in ganz Deutschland herbeizuführen. Dieses Ziel können wir nur gemeinsam erreichen.

 

Das erfordert Solidarität und gesamtstaatliche Verantwortung von allen Bürgern - von den Verantwortlichen in der Wirtschaft, von den Tarifparteien, vom Bund, von Ländern und Gemeinden. Es ist eine Aufgabe für alle Deutschen.

 

Die Schwierigkeit dieser Aufgabe ist für jedermann erkennbar. Eingehende Prüfungen und Analysen haben unsere Befürchtungen bestätigt: Die Erblast aus 40 Jahren Sozialismus und Kommunismus in der bisherigen DDR ist zutiefst bedrückend. Fehlende Wettbewerbsfähigkeit vieler Unternehmen und Produkte, hohe Arbeitslosigkeit, vielfache Zerstörung der Umwelt, Verfall der Bausubstanz und eine verbrauchte Infrastruktur - dies ist die eine Seite der Bestandsaufnahme.

 

Dem stehen auf der anderen Seite der Wille der Menschen zu Neubeginn und Wiederaufbau sowie die Wirtschaftskraft des Vereinten Deutschlands gegenüber. Ich bin sicher, dies ist ein Fundament, auf dem wir die gewaltigen Anstrengungen unternehmen können und dabei auch bestehen werden. Die Soziale Marktwirtschaft bietet dafür beste Voraussetzungen - Voraussetzungen, die wir auch in den kommenden Jahren bewahren und fortentwickeln wollen. Unser Bewußtsein für die Wurzeln von Freiheit und Wohlstand ist nicht zuletzt durch die historischen Umbrüche in Deutschland und Europa gestärkt worden. Überall wo die Menschen wirklich die Wahl haben, votieren sie mit aller Entschiedenheit für die Soziale Marktwirtschaft als freiheitliche Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung.

 

Dieser Wille findet sich eindrucksvoll bestätigt im Abschlußdokument der Bonner KSZEWirtschaftskonferenz vom Frühjahr 1990. Alle Unterzeichnerstaaten aus Ost und West unterstreichen darin den unauflöslichen Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher und politischer Freiheit. Auf dieser Basis hat unsere Politik - zusammen mit der hohen Leistungsbereitschaft aller - im Westen Deutschlands zu einem beispiellosen Maß an wirtschaftlicher Dynamik und sozialer Sicherheit geführt. Anders als bei der Regierungsübernahme der heutigen Koalition 1982 ist die wirtschaftliche Lage heute ausgezeichnet.

 

Die Aussichten für die 90er Jahre sind ermutigend. In den alten Bundesländern erleben wir eine Hochkonjunktur.

 

- Meine Damen und Herren, haben Sie einmal überlegt, wie es gewesen wäre, wenn die deutsche Einheit 1982 als Herausforderung auf uns zugekommen wäre?

 

Die Wachstumskräfte sind gestärkt, die Investitionsbereitschaft der Unternehmen ist hoch, die Zukunftserwartungen sind günstig.

 

- Ich finde, ein Zwischenruf aus der sozialdemokratischen Fraktion zum Thema Schulden ist kein zeitgemäßer Zwischenruf.

 

Ich kann Ihnen die Bilanz nicht ersparen, weil sie so gut ist.

 

Unsere Währung ist stabil und weltweit anerkannt; Löhne und Renten sind in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen. Ganz besonders erfreulich ist in der bisherigen Bundesrepublik der Rückgang der Arbeitslosigkeit - verbunden mit einer Beschäftigungsdynamik, wie wir sie seit der Aufbauzeit der 50er Jahre nicht mehr erlebt haben.

 

Meine Damen und Herren, die ungewöhnlich kräftige Wirtschaftsentwicklung im bisherigen Bundesgebiet ist zu einem erheblichen Teil auch Folge des marktwirtschaftlichen Umstrukturierungsprozesses in den neuen Bundesländern. Noch richtet sich die Nachfrage von Konsumenten und Unternehmern aus dem Beitrittsgebiet zu einem großen Teil auf westliche Gebrauchsgüter, Maschinen und Anlagen. Das beschert den Unternehmen in den alten Bundesländern volle Auftragsbücher, den Finanzministern und Stadtkämmerern unerwartet hohe Steuereinnahmen. Es ist deshalb ein Gebot der Solidarität, diese Mittel in die neuen Bundesländer zurückzuleiten, und zwar in Form privater Investitionen und vor allem für eine bessere Finanzausstattung der neuen Länder und Kommunen. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Erfüllung unserer großen gemeinsamen Aufgabe, jetzt auch die innere Einheit unseres Vaterlandes auf wirtschaftlichem, sozialem und ökologischem Gebiet zu verwirklichen.

 

Meine Damen und Herren, für diese Aufgabe gibt es in der Geschichte kein Vorbild. Niemals zuvor ist versucht worden, eine sozialistische Kommandowirtschaft in eine Soziale Marktwirtschaft umzuwandeln. Vor allem die Finanzpolitik muß sich in dieser Situation in besonderer Weise bewähren. Zum einen gilt es, Verläßlichkeit und Berechenbarkeit der Finanzpolitik zu gewährleisten. Das ist die beste Investitionsförderung und damit zugleich Voraussetzung für zusätzliche, neue und für sichere Arbeitsplätze. Zum anderen gilt es, die knappen öffentlichen Mittel verstärkt dorthin zu leiten, wo der Bedarf besonders dringlich und wo die Wirkung am größten ist.

 

Der Eckwertebeschluß der Bundesregierung von Mitte November 1990 entspricht dieser Linie. Er wird durch die Koalitionsvereinbarungen ausgefüllt.

 

Der vorübergehend hohe Kreditbedarf der öffentlichen Haushalte muß schnell und erkennbar zurückgeführt werden. Und schon gar nicht dürfen wir das Vertrauen der Kapitalmärkte in eine stabile D-Mark gefährden.

 

Meine Damen und Herren, so wie es uns nach 1982 gelungen ist, werden wir auch jetzt die Neuverschuldung so schnell wie möglich wieder verringern.

 

Bereits in diesem Jahr werden wir, wie im November angekündigt, eine Entlastung des Bundeshaushalts von 35 Milliarden DM erzielen. Die Nettokreditaufnahme des Bundes wird auf höchstens 70 Milliarden DM begrenzt. Notwendig ist allerdings auch, daß Länder und Gemeinden ihrerseits einen spürbaren Beitrag zur Begrenzung der Verschuldung leisten.

 

Hinzu kommen jetzt Belastungen, die sich aus den jüngsten Veränderungen der Weltlage ergeben. Diese Veränderungen nehmen auch uns Deutsche verstärkt in die Pflicht. Unsere Partner und Verbündeten können die Bürde der Verteidigung von Recht und Freiheit am Golf nicht allein tragen. Sie können weiterhin mit unserer Unterstützung rechnen. Auch nach dem Ende der militärischen Auseinandersetzungen am Golf werden die Staaten dieser Region, die darunter besonders zu leiden haben, auf eine umfassende Hilfe von außen angewiesen sein.

 

Auch die Bundesrepublik Deutschland ist gefordert.

 

Wir helfen aber nicht nur in der Golfregion. Bereits jetzt leisten wir einen erheblichen Beitrag zur Stabilität in Mittel-, Ost- und Südosteuropa. Dieses Engagement - man kann es nicht oft genug sagen - liegt im gemeinsamen westlichen Interesse.

 

Dies alles ist ein wesentlicher Beitrag zum Frieden, eine Investition in eine friedliche Zukunft und zugleich Ausdruck unserer Bereitschaft, mehr Verantwortung in der Welt zu übernehmen.

 

Die mit alledem verbundenen Belastungen, die jetzt neu auf uns zukommen, gehen weit über den bisherigen Finanzrahmen hinaus. Deshalb sind Einnahmeverbesserungen unumgänglich. Die Bundesregierung wird entsprechende Vorschläge auch für notwendige Steuererhöhungen vorlegen.

 

- Ich weiß nicht, was Sie dabei erheitert. Kann ich Ihrer Reaktion entnehmen, daß Sie der Auffassung sind, daß wir am Golf keine Unterstützung geben oder die Reformstaaten in Mittel-, Ost- und Südosteuropa nicht unterstützen sollen?

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in unserem eigenen Land gehört der unvermeidliche Anstieg der Arbeitslosigkeit in der ehemaligen DDR zu den schwierigsten Problemen. Es ist ein selbstverständliches Gebot der Solidarität, in dieser schwierigen Umbruchsituation füreinander einzustehen, auch im Rahmen der Arbeitslosenversicherung.

 

Die Bundesregierung hat deshalb eine Erhöhung der Beiträge um 2,5 Prozentpunkte für das Jahr 1991 ab 1. April vorgesehen. Bezogen auf das ganze Jahr beträgt die Erhöhung etwa zwei Prozentpunkte gegenüber 1990 und damit ebensoviel wie für die kommenden Jahre. Gleichzeitig werden die Beiträge zur Rentenversicherung um einen Prozentpunkt verringert. Hierdurch wird keine Rente in ihrer Höhe oder Sicherheit gefährdet.

 

Meine Damen und Herren, in der Steuerpolitik verfolgt die Koalition aus CDU/CSU und FDP seit ihrem Amtsantritt ein klares Reformkonzept. In meiner Regierungserklärung vom 4. Mai 1983 habe ich gesagt, daß es darum geht, eine gerechte Besteuerung zu verwirklichen, Leistungsbereitschaft zu erhöhen, private Initiative zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu stärken.

 

Mit der dreistufigen Steuerreform von 1986/88/90 sind wir auf diesem Weg ein gutes Stück vorangekommen. Jeder kann das auf seiner Lohn- oder Gehaltsabrechnung für das vergangene Jahr sehr wohl erkennen.

 

- Ich weiß, daß Sie, wenn es um das Thema Sozialneid geht, absolut Spitze sind!

 

Mit der jetzt vereinbarten weiteren Verbesserung des Familienlastenausgleichs und der Reform der Unternehmensbesteuerung setzen wir den erfolgreichen Kurs in den kommenden Jahren fort. Das gilt auch für andere Bereiche, etwa die steuerliche Förderung von Kunst, Kultur und Stiftungen. Meine Damen und Herren, über zehn Jahre hinweg wird damit Schritt für Schritt ein in sich geschlossenes steuerpolitisches Gesamtkonzept verwirklicht, ein Konzept, das Wachstum und Beschäftigung für jedermann erkennbar fördert und das zusätzliche Chancen für die Bewältigung kommender Herausforderungen eröffnet.

 

Angesichts der Aufgaben in den neuen Bundesländern und an der Schwelle zum europäischen Binnenmarkt Ende 1992 müssen Unternehmen im Wettbewerb der Standorte wissen, welche Investitionsbedingungen in Deutschland künftig für sie gelten. Deswegen werden wir rechtzeitig zum Beginn des europäischen Binnenmarktes alle notwendigen gesetzgeberischen Entscheidungen zur Steuerreform abgeschlossen haben.

 

Wirtschaftspolitik für die neuen Bundesländer heißt Vorrang für Investoren und grünes Licht für Investitionen. Denn nur Investitionen schaffen Arbeitsplätze und Einkommen. Investitionen bringen moderne - auch umweltschonende - Technologien in die neuen Bundesländer, und zunehmende Investitionen sind der sichtbarste Beweis dafür, daß diesen Regionen die Zukunft gehört. Wir brauchen Unternehmensinvestitionen, und wir brauchen Infrastrukturinvestitionen in den Bereichen Verkehr, Telekommunikation, Städtebau und Umwelt. Und wir brauchen in großem Umfang Qualifizierung. Ein besonders schwieriges Problem ist der zügige Aufbau einer funktionierenden Verwaltung in Ländern und Gemeinden. Wir müssen angesichts der Dringlichkeit dieser Probleme fähig sein, auch ganz unkonventionelle Wege zu beschreiten.

 

Gerade in dieser schwierigen Übergangszeit ist mir sehr an unbürokratischer Zusammenarbeit mit allen Bundesländern gelegen.

 

Unbeschadet der verfassungsmäßigen Zuständigkeiten sollten wir daher schnell zu entsprechenden Absprachen zwischen Bund und Ländern kommen, damit wir - insbesondere beim Aufbau der Verwaltungen - rasche Fortschritte erzielen.

 

Dies wird einer der Aufgabenschwerpunkte auch des Kabinett-Ausschusses ‚Neue Bundesländer' sein, den wir gestern eingesetzt haben.

 

Auch zur Förderung von Investitionen in den neuen Bundesländern sind bereits wichtige Weichenstellungen erfolgt. Diese Politik haben wir mit den Koalitionsvereinbarungen nochmals verstärkt. So werden wir die Investitionszulage durch Sonderabschreibungen in Höhe der bisherigen Zonenrandförderung ergänzen. Bei der Einkommensteuer haben wir einen zusätzlichen Freibetrag eingeführt. Im Vorgriff auf die Unternehmenssteuerreform verzichten wir darauf, in den neuen Ländern die Gewerbekapital- und Vermögensteuer zu erheben.

 

Zusätzlich hat die Bundesregierung in diesen Tagen das besonders erfolgreiche Kreditprogramm zur Förderung kommunaler Investitionen von 10 auf 15 Milliarden DM erhöht. Damit geben wir den Städten, Gemeinden und Kreisen in den neuen Bundesländern die Möglichkeit, ihre Investitionsplanungen zügig zu verwirklichen.

 

Ich unterstreiche noch einmal: Absoluten Vorrang hat jetzt innenpolitisch die Unterstützung der neuen Bundesländer.

 

Deshalb können staatliche Hilfen, die ihre ursprüngliche Berechtigung verloren haben und die für viele in der alten Bundesrepublik zur Gewohnheit geworden sind, nicht auf Dauer fortgesetzt werden. Dies gilt insbesondere für die Zonenrandförderung. Teilungsbedingte Subventionen sollen - unter Berücksichtigung berechtigter Interessen der Betroffenen - bis Ende 1994 stufenweise abgebaut werden.

 

Im Falle der Berlinförderung gilt es zweierlei zu berücksichtigen: Zum einen müssen wir Subventionen im westlichen Teil der Stadt abbauen. Zum anderen müssen wir gleichzeitig der schwierigen Situation im Ostteil der Stadt entsprechen. Das bedeutet: Wir müssen den Zeitplan für den Abbau der Berlinförderung im Westteil der Stadt im Zusammenhang mit den notwendigen Fördermaßnahmen für Investitionen und Arbeitsplätze im neuen Bundesland Berlin und in den übrigen neuen Bundesländern sehen. Darüber hinaus streben wir für die Berlinhilfe ein Niveau an, das es erlaubt, das Land Berlin in den ab 1995 neu zu regelnden Finanzausgleich einzubeziehen. Wir werden selbstverständlich wichtige Einzelfragen in diesem Zusammenhang mit dem Berliner Senat besprechen und klären.

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ebenso wie der Bund sind die bisherigen Bundesländer und die Kommunen gefordert. Gemeinsames Ziel muß es sein, eine sichere finanzielle Basis für die neuen Bundesländer und die dortigen Städte und Gemeinden zu schaffen. Es besteht weitgehendes Einvernehmen aller Beteiligten, daß hier die westlichen Bundesländer und Kommunen mehr tun können und müssen als bisher.

 

Ich habe schon darauf hingewiesen: Ganz oben auf der Tagesordnung stehen Sofortmaßnahmen, mit denen wir die einigungsbedingten Steuermehreinnahmen der alten Bundesländer in die neuen Bundesländer zurückleiten wollen. Und jeder weiß: Es muß sich hier um beachtliche Beträge handeln. Ich werde deshalb in der Ministerpräsidentenkonferenz Ende Februar auf die notwendigen Entscheidungen drängen.

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, darüber hinaus müssen wir in dieser Legislaturperiode zu einer Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen kommen, die dann natürlich auch die neuen Bundesländer voll einschließt. Dabei muß auch berücksichtigt werden, daß die neuen Bundesländer ab 1995 am gesamtdeutschen Länderfinanzausgleich teilnehmen. Schon jetzt muß Vorsorge getroffen werden, daß dieser Übergang zum gesamtdeutschen Finanzausgleich ab 1995 nicht in einer abrupten Form, sondern in einer für alle Beteiligten annehmbaren Weise gestaltet wird. Wer heute rechtzeitig diesen Übergang einleitet, wird eine Krise 1995 vermeiden können.

 

Damit der Strukturwandel in den neuen Bundesländern rasch vorankommt, muß schnell ein leistungsfähiger Mittelstand entstehen, und die bisherigen Staatsbetriebe müssen entflochten und privatisiert werden. Es kommt jetzt darauf an, daß sich eine vernünftige Mischung von Betrieben in allen Bereichen, in Handwerk, Handel, Dienstleistungen und Industrie, sowie von freien Berufen entwickelt. Ich danke den Kammern, den Verbänden und den Gewerkschaften für ihr Engagement in den neuen Bundesländern. Ich danke vor allem all jenen, die sich sofort dafür eingesetzt haben, möglichst viele Lehrstellen zu schaffen.

 

In den wenigen Monaten seit Inkrafttreten der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion sowie des Einigungsvertrages haben wir schon entscheidende Weichen gestellt. Jeder weiß, es gibt noch erhebliche Schwierigkeiten des Neuanfangs, aber ebenso unübersehbar sind auch Signale zum Aufbruch. Annähernd 300000 Gewerbeanmeldungen zeigen nicht nur, daß die Hilfen greifen, sondern sie belegen auch Mut und Eigeninitiative vieler Menschen, die sich zum Schritt in die Selbständigkeit entschließen.

 

Eine Schlüsselrolle in diesem Umstrukturierungsprozeß fällt der Treuhandanstalt zu. Sie hat die ebenso einmalige wie ungewöhnlich schwierige Aufgabe, die ehemals planwirtschaftlich geführten Betriebe so rasch wie möglich in den marktwirtschaftlichen Wettbewerb zu entlassen. Für uns ist vorrangiges Ziel - und dies bleibt es auch - die Privatisierung. Die Bundesregierung unterstützt die Treuhandanstalt nachdrücklich bei der Erfüllung ihres Auftrags. Wir wollen alle notwendigen Schritte unternehmen, um die Voraussetzungen für die Arbeit der Treuhandanstalt weiter zu verbessern. Schon sehr bald wird ein Gesetzentwurf zur Beseitigung rechtlicher Investitionshemmnisse fertiggestellt.

 

Zugleich, meine Damen und Herren, müssen wir sehen: So wichtig die Umwandlung alter Betriebe ist, so sehr brauchen wir vor allem auch die Gründung neuer Unternehmen in den neuen Bundesländern. Die durch viele Umfragen belegte Bereitschaft, in den neuen Bundesländern zu investieren, darf nicht durch unnötige Verzögerungen bei der Bereitstellung einer wirtschaftsnahen Infrastruktur gebremst werden. Für das Zusammenwachsen Deutschlands sind reibungslose Kommunikationsmöglichkeiten und leistungsfähige Transportwege unerläßlich. Mit hohem Mitteleinsatz werden gegenwärtig die größten Engpässe beseitigt, aber wir stehen besonders im Bereich der Infrastruktur vor Aufgaben, die noch über Jahre hinaus große Anstrengungen verlangen. Damit Großinvestitionen gerade auch im Verkehrsbereich schneller als bisher durchgeführt werden können, wollen wir alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um zeitraubende Planungsverfahren nachhaltig zu verkürzen. Die Vorarbeiten sind angelaufen, und ich bitte Sie alle, meine Damen und Herren Kollegen, sehr herzlich, in den zuständigen Ausschüssen diese Vorschläge zu begutachten und möglichst schnell zu verabschieden. Es geht um eine für die zukünftige Entwicklung entscheidende Frage.

 

Gleichzeitig müssen wir die Prioritäten bei den öffentlichen Investitionen für ganz Deutschland neu bestimmen, damit - ich sage es noch einmal - verstärkt Mittel in die neuen Bundesländer fließen. Um so rasch wie möglich ein höheres Investitionsvolumen für Infrastrukturprojekte zu erreichen, müssen Bund, Länder und Gemeinden zusätzliche Finanzierungsquellen auch durch den verstärkten Einsatz privaten Kapitals erschließen.

 

Meine Damen und Herren, gerade im Verkehrsbereich stehen wir vor wichtigen Entscheidungen dieser Legislaturperiode. In den 40 Jahren der Teilung wurden die Verkehrswege vor allem in Nord-Süd-Richtung ausgebaut. Es gilt jetzt, das Verkehrsnetz auch in West-Ost-Richtung zu entwickeln und zu verbessern. Dies wollen wir im ersten gesamtdeutschen Verkehrswegeplan zum Ausdruck bringen. Bedarfsgerechte und zugleich umweltverträgliche Verkehrssysteme gewinnen zunehmend an Bedeutung.

 

Das betrifft in besonderer Weise die Eisenbahn als den Verkehrsträger der Zukunft.

 

Nur durch den verstärkten Ausbau der Bahn werden wir den Verkehrsinfarkt abwenden und unsere Umwelt besser schützen können. - Ich bin ja schon ganz dankbar, daß wir wenigstens bei einem Thema Ihren Beifall finden. - Ich bin ja damit einverstanden, daß Sie gespannt sind. Aber ich hoffe, daß Sie sich dann auch entspannen und zustimmen. Das ist mein Ziel.

 

Die vorgesehene Strukturreform der Bahn ermöglicht ihr künftig eine stärkere unternehmerische Orientierung und schafft die Voraussetzung für ein einheitliches Eisenbahnwesen in Deutschland. Die Trennung von Fahrweg und Betrieb wird geprüft.

 

Die unabhängige Regierungskommission Bahn erarbeitet hierzu praktische Vorschläge. Ich hoffe, daß wir sie Mitte des Jahres in der Öffentlichkeit zur Diskussion stellen können.

 

Schwerpunkt der Investitionen in den kommenden Jahren ist ebenso der forcierte Aufbau einer modernen Infrastruktur bei Post und Telekommunikation in den neuen Bundesländern. Binnen sechs Jahren wird die Deutsche Bundespost dort mehr als 60 Milliarden DM investieren. Alle Sofortmaßnahmen sind darauf gerichtet, daß sich die Telefonverbindungen für Bürger und Wirtschaft bis etwa 1992 einigermaßen normalisieren.

 

Dazu bedarf es auch hier zusätzlicher privater Initiativen, etwa durch den Betrieb von Mobil- und Satellitennetzen.

 

Die Qualität der Bundesrepublik als Standort für Unternehmen und Investoren ist von dem hohen Stand unserer Forschung und Wissenschaft geprägt. Mit einem Anteil von 2,9 % am Bruttosozialprodukt nehmen wir bei den Aufwendungen für Forschung und Entwicklung weltweit einen Spitzenplatz ein. Dies muß so bleiben.

 

Die wissenschaftlichen Verbindungen in der Europäischen Gemeinschaft und mit den USA wollen wir ausbauen, die Zusammenarbeit mit den Staaten Mittel-, Ost- und Südosteuropas intensivieren. In den neuen Bundesländern werden wir eine leistungsfähige Forschung aufbauen und Institute der ehemaligen Akademie der Wissenschaften in eine gesamtdeutsche Forschungslandschaft überführen.

 

Wichtige Schwerpunkte sehen wir für die kommenden Jahre in der Weltraum-, der Energie- und der Klimaforschung.

 

Eine wettbewerbsfähige Wirtschaft ist auf eine leistungsfähige Energieversorgung angewiesen. Vor dem Hintergrund der Gefahren für Erdatmosphäre und Klima richten sich zu Recht hohe Erwartungen an eine gesamtdeutsche Energiepolitik, die zugleich die Ziele des europäischen Binnenmarktes berücksichtigt. Sparsamkeit und Umweltverträglichkeit sind ebenso wie Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit Eckpunkte des energiepolitischen Gesamtkonzepts, das sobald wie möglich vorgelegt wird. Für die Bundesregierung steht dabei fest: Die heimische Kohle muß zentraler Bestandteil dieses Konzepts sein. Steinkohle und Braunkohle müssen auch im vereinten Deutschland zu einer sicheren Energieversorgung beitragen, allerdings auf einem niedrigeren Niveau als bisher.

 

Der Einsatz heimischer Kohle bei der Verstromung bleibt mit der Nutzung der Kernenergie verknüpft. Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit der Energieerzeugung sind ohne einen substantiellen Beitrag der Kernenergie auf absehbare Zeit nicht denkbar.

 

Allerdings gibt es für uns eine klare Priorität: An dem hohen Sicherheitsstandard unserer Kernkraftwerke kann und wird es keine Abstriche geben. Sicherheit geht vor Wirtschaftlichkeit. Das gilt selbstverständlich auch für die Anlagen in den neuen Bundesländern.

 

Die Verhandlungen mit der EG-Kommission über die Steinkohleverstromung bis 1995 werden auf der Basis der im August 1989 beschlossenen Verstromungsmenge von 40,9 Millionen t pro Jahr geführt. Für die Zeit ab 1996 geht es darum, frühzeitig und unter Einbeziehung aller Beteiligten zu einer verläßlichen und zukunftsorientierten Anschlußregelung zu kommen.

 

Bei der weiteren Nutzung der Braunkohle in den neuen Bundesländern sind alle Rationalisierungschancen zu nutzen. Ich denke, wir sind uns einig, daß dabei eine höhere Umweltverträglichkeit Voraussetzung ist. Gebotene Strukturanpassungen werden wir selbstverständlich auch künftig strukturpolitisch begleiten und sozial flankieren. Das Ruhrgebiet als größte Kohleregion ist ein sichtbares Beispiel für wirtschaftlich, sozial und regional erfolgreichen Strukturwandel.

 

- Meine Damen und Herren, selbst in Düsseldorf hören Sie, daß dieser Erfolg das Ergebnis eines vernünftigen Miteinanders war, nicht zuletzt das Ergebnis der gemeinsamen Arbeit in den Ruhrgebietskonferenzen.

 

Ich glaube, es ist klug, nach diesen positiven Erfahrungen im Ruhrgebiet auch in anderen Regionen - das gilt ebenso für die neuen Bundesländer - in ähnlicher Weise vorzugehen.

 

Der Aufholprozeß in den neuen Bundesländern erfordert Geduld und ein hohes Maß an praktischer Solidarität. Es ist aber nicht nur die Solidarität des Staates gefordert, sondern auch die des einzelnen. Eine wichtige Säule bei dieser Entwicklung sind dabei die Tarifpartner - die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände. In entscheidenden Phasen der Geschichte der Bundesrepublik haben sie sich von großem Verantwortungsbewußtsein für das Ganze leiten lassen. Denken Sie insbesondere an die Jahre des Wiederaufbaus.

 

Heute befinden wir uns erneut an einer Schwelle, die in besonderem Maße Klugheit und Weitsicht erfordert. Es geht um Arbeitsplätze in Unternehmen, die sich erstmals auf dem Weltmarkt behaupten müssen; denn nur das ist eine solide Grundlage für steigende Löhne und für sichere Renten über den Tag hinaus. Es geht für Millionen Menschen in den neuen Bundesländern vor allem um ihre ganz persönlichen Zukunftsperspektiven. Um so dringlicher ist es, daß jetzt alle Anstrengungen darauf gerichtet werden, dort eine breite Investitionswelle zu unterstützen, die allein rasch für neue Arbeitsplätze und höhere Einkommen sorgen kann.

 

Nur im sozialen Dialog aller lassen sich Brücken bauen zwischen den verständlichen Wünschen der Beschäftigten in den neuen Bundesländern nach rasch steigenden Einkommen und der begrenzten Leistungsfähigkeit der Unternehmen, die einen schwierigen Strukturwandel durchmachen. Die Tarifpartner tragen dabei eine erhebliche Mitverantwortung. Ich respektiere selbstverständlich die Tarifautonomie, aber ich appelliere eindringlich an alle Beteiligten, bei den kommenden Lohnabschlüssen in den westlichen Bundesländern stets auch die Rückwirkungen auf die Einkommensunterschiede zu den neuen Bundesländern zu beachten. In dieser Situation darf es nicht zu einer falschen Verteilung der knappen Mittel kommen. Das würde auch und gerade den Ausgleich zwischen alten und neuen Ländern gefährden, also ein Ziel, das wir uns doch gemeinsam gesetzt haben.

 

Gefordert sind hier neue Lösungen. Es lohnt sich, Modelle einer stärkeren Erfolgsbeteiligung und der Vermögensbildung zu prüfen, die die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen stärken und zugleich attraktive Einkommensperspektiven für die Beschäftigten bieten.

 

Es muß unser gemeinsames Ziel sein, einen sozialen Dialog zu führen, der in einen Solidarpakt von Tarifpartnern und allen wichtigen gesellschaftlichen Gruppen unseres Landes einmünden könnte. Anknüpfend an die erfolgreiche Lehrstelleninitiative zu Beginn meiner Regierungszeit ist auch hier eine große, gemeinsame Anstrengung notwendig. Ich werde bald zu solchen Gesprächen einladen.

 

Zentrales Element vorausschauender Politik muß in der gegenwärtigen Situation ein rascher Ausbau der beruflichen Qualifizierung der Arbeitnehmer sein. Ich darf hier Unternehmer und Tarifpartner auffordern, sich stärker zu engagieren; aber ebenso appelliere ich an die Arbeitnehmer, selbst jede Gelegenheit zur beruflichen Weiterbildung zu ergreifen. Qualifizierung ist - dies gilt vor allem auch für die Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern - der beste Weg zu einem sicheren Arbeitsplatz und damit zu einem steigenden Einkommen.

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Bund beteiligt sich maßgeblich am Aufbau von Weiterbildungseinrichtungen. Für Kurzarbeit und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gelten in den neuen Ländern besondere Bedingungen die wir über die Jahresmitte hinaus verlängern. Der Bezug von Kurzarbeitergeld wird künftig stärker als bisher mit Maßnahmen der beruflichen Qualifizierung gekoppelt. Betriebe, Gemeinden, Kirchen und freie Träger sollten die bei weitem nicht ausgeschöpften Möglichkeiten gerade bei der Arbeitsbeschaffung nutzen.

 

Meine Damen und Herren, im Unterschied zu den neuen Bundesländern ist die Lage im bisherigen Bundesgebiet von Rekordbeschäftigung einerseits und Rückgang der Arbeitslosigkeit andererseits gekennzeichnet. Kurzarbeit und Jugendarbeitslosigkeit sind hier nahezu bedeutungslos geworden. Die Arbeitsmarktpolitik werden wir deshalb noch stärker auf benachteiligte Gruppen ausrichten. Für Mütter, die nach einer Familienphase erneut einen Arbeitsplatz anstreben, werden wir die Rückkehr in den Beruf durch verbesserte Qualifizierungshilfen erleichtern.

 

Auch im Bereich der sozialen Sicherung erstreben wir in ganz Deutschland einheitliche Lebensverhältnisse. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist die Reform der Alterssicherung in den neuen Bundesländern zum 1. Januar 1992. Damit übertragen wir das in breitem Konsens verabschiedete Rentenreformwerk auch auf die neuen Bundesländer. Wir stellen damit auch dort die Weichen für eine dauerhafte Sicherung der Altersversorgung. Genauso werden wir dafür sorgen, daß die Renten in den neuen Bundesländern zeitnah an die Lohnentwicklung angepaßt werden und in den nächsten Jahren schrittweise das Niveau im bisherigen Bundesgebiet erreichen.

 

Meine Damen und Herren, mit der Gesundheitsreform haben wir die Grundlagen für die finanzielle Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung geschaffen. Nichts zeigt den Erfolg dieser Reform deutlicher als die Beitragssenkungen von durchschnittlich 0,7 Prozentpunkten.

 

Darüber hinaus ermöglicht die Gesundheitsreform zugleich eine weiterhin hochwertige medizinische Versorgung und den Einstieg in die finanzielle Sicherung der ambulanten Pflege. Wir werden das Gesundheits-Reformgesetz weiter zügig umsetzen und durch eine Reform der Organisations- und Finanzierungsstrukturen der gesetzlichen Krankenversicherung ergänzen.

 

Für das Gesundheitswesen in den neuen Ländern streben wir so rasch wie möglich ein vergleichbar hohes Niveau in der Versorgung der Kranken und beim Gesundheitsschutz an.

 

Im Vordergrund stehen die Förderung freiberuflicher Tätigkeiten von Ärzten, Zahnärzten und Apothekern sowie natürlich die Verbesserung der stationären Versorgung. Für eine Übergangszeit werden die Polikliniken und Ambulatorien einen wichtigen Beitrag zur gesundheitlichen Versorgung der Bürger leisten müssen.

 

Meine Damen und Herren, zusätzliche Anstrengungen mit Schwerpunkt in den neuen Bundesländern sind für die gesamte Städtebauförderung erforderlich. Der Zustand von Städten, Dörfern, Häusern und Wohnungen macht den Unterschied zwischen neuen und alten Bundesländern, zwischen sozialistischer Planwirtschaft und Sozialer Marktwirtschaft, augenfälliger als jede abstrakte Zahl.

 

Privates Wohneigentum muß deswegen in den neuen Bundesländern so schnell wie möglich attraktiv werden. Dazu beitragen soll der Verkauf bisher staatseigener Wohnungen vorrangig an Mieter.

 

In ganz Deutschland bauen wir die steuerliche Förderung des Wohneigentums und das Baukindergeld rückwirkend ab Anfang 1991 aus. Dies erleichtert es den Familien mit Kindern, selbst Häuser oder Wohnungen zu erwerben.

 

Zur sozialen Absicherung des Wohnens gehören sozialer Wohnungsbau, Wohngeld und soziales Mietrecht. Wir wollen dafür sorgen, daß die Fehlbelegungsabgabe bundesweit erhoben wird. Auch so können wir eine wirksamere Nutzung des Bestands mietgünstiger Wohnungen erreichen. Den Schutz von Mietern vor übermäßigen Mietsteigerungen werden wir verstärken. Die Mieten in den neuen Bundesländern wollen wir schrittweise und sozial verträglich anpassen. Notwendige Erhöhungen werden an der dortigen Einkommensentwicklung orientiert. Nicht zuletzt mit speziellen Wohngeldregelungen stellen wir sicher, daß niemand überfordert wird.

 

Für ein ausreichendes Wohnungsangebot ist das Mitwirken von Ländern, Städten und Gemeinden unerläßlich. Sie sind aufgefordert, zusätzliches Bauland bereitzustellen und die notwendigen Planungs- und Genehmigungsverfahren zügig abzuwickeln.

 

Der Bund wird durch Truppenabbau freiwerdende Grundstücke kostengünstig zur Verfügung stellen.

 

Wir wollen dies insbesondere für den sozialen und studentischen Wohnungsbau tun. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu den größten Herausforderungen der 90er Jahre gehört der Schutz von Natur und Umwelt. Nur wenn wir den Frieden mit der Schöpfung wiederherstellen, wird unsere Heimat lebenswert bleiben und unversehrt auf künftige Generationen übergehen. Die weltweite Bedrohung des Klimas und der Ozonschicht verlangt ein entschlossenes Handeln. Im Mittelpunkt steht dabei eine nachhaltige Reduktion der CO2-Emissionen. Die Bundesregierung hat bereits im November des vergangenen Jahres eine Verringerung um 25 bis 30 % bis zum Jahr 2005 als Ziel beschlossen. Wir haben damit auch international Maßstäbe gesetzt.

 

Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es marktwirtschaftlicher Anreize zur rationelleren Energienutzung und der verstärkten Forschung im Bereich erneuerbarer Energien. Den CO2-Ausstoß werden wir in Abhängigkeit von der Restverschmutzung mit einer CO2-Abgabe belasten. Das dadurch erzielte Aufkommen muß für den Klimaschutz verwendet werden.

 

Moderne Umweltpolitik heißt für uns: beim Verursacher ansetzen, ihn für entstehende Schäden heranziehen, um so das Bewußtsein für die Kosten umweltschädigenden Verhaltens zu schärfen. Eine gesunde Umwelt gibt es nicht zum ‚Nulltarif'!

 

Für umweltgerechtes Verhalten müssen wir auch jenseits unserer Grenzen werben. Wir streben so bald wie möglich eine europäische Konzeption für eine Klimaabgabe an.

 

Durch Umweltvorsorge und eigenverantwortliches Handeln der Bürger wollen wir Umweltgefahren im eigenen Land vermeiden und zugleich unsere technologische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit noch stärker als bisher in den Dienst der Natur und der Umwelt stellen.

 

Schon jetzt nimmt die Bundesrepublik Deutschland bei vielen Umwelttechniken eine internationale Spitzenposition ein. Hieran wollen wir bewußt anknüpfen. Das gilt für die Umwelt- und Klimaforschung ebenso wie für die praktischen Fragen der Umweltpolitik.

 

Gerade im alltäglichen Umgang müssen wir in Unternehmen wie im privaten Bereich das notwendige Verantwortungsbewußtsein für den Schutz von Natur und Umwelt immer neu wecken. Dazu gehört, die umweltschonende Verwertung und Entsorgung von Produkten bei Wirtschaft und Verbrauchern einzufordern. Abfallvermeidung und Abfallverwertung - etwa durch Mehrwegsysteme und Pfandregelungen - müssen selbstverständlich werden. Dem entspricht die Bundesregierung mit der Novellierung des Abfallgesetzes, die auch eine Deponieabgabe auf Sonderabfälle einschließt.

 

In den neuen Bundesländern haben die früheren Machthaber auch die Umwelt in einem schlimmen Zustand hinterlassen. Kurzfristig müssen wir die unmittelbaren Gefahren beseitigen, die vor allem auch von Altlasten ausgehen. Damit lassen sich die schweren Umweltschäden jedoch nur zu einem Teil beheben. Um die gravierenden Umweltbelastungen zu bewältigen - etwa im Braunkohletagebau der Lausitz oder im Uranbergbau im Vogtland -, sind Beharrlichkeit und hoher Aufwand notwendig. Gleiches gilt für die Altlasten der chemischen Industrie und für die Sanierung verseuchter Böden an Industriestandorten und in - hier kann man das volle Ausmaß der Schädigung noch gar nicht überblicken - Militäranlagen. Wir sind daher entschlossen, eine nationale Solidaritätsaktion ‚ökologischer Aufbau' ins Leben zu rufen. Daran sollen Wirtschaft, Bund und Länder kooperativ mitwirken. Denn wir können diese gewaltige Herausforderung nur gemeinsam bewältigen.

 

Darüber hinaus halten wir daran fest - ich hoffe, daß wir in dieser Legislaturperiode zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen -, den Umweltschutz als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern. Längerfristig wollen wir überdies das vielfältige Umweltrecht in einem eigenen Umweltgesetzbuch zusammenführen.

 

Kern verantwortlicher Umweltpolitik ist und bleibt die Bewahrung von Natur und Schöpfung. Die Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes muß hierfür neue Perspektiven eröffnen. In Abstimmung mit den Ländern - bei ihnen liegt, wie Sie wissen, die Zuständigkeit - müssen dabei ökologische Leistungen, insbesondere auch der Land- und Forstwirtschaft; honoriert werden.

 

Die Bedeutung der Landwirtschaft für unser Land geht weit über den Anteil am Bruttosozialprodukt hinaus. Sie liefert einen unverzichtbaren Beitrag zur kulturellen Vielfalt des Landes und zur wirtschaftlichen Entwicklung des ländlichen Raumes. Eine vielseitige Struktur wird dieser Gesamtaufgabe der Landwirtschaft am ehesten gerecht.

 

Auch in den neuen Bundesländern müssen deshalb eine leistungsfähige Landwirtschaft und konkurrenzfähige Handels- und Verarbeitungsbetriebe aufgebaut werden. Alte sozialistische Strukturen müssen aufgebrochen werden. Wir werden gemeinsam mit den Bundesländern wirksame Hilfen zur Neugründung von selbständigen landwirtschaftlichen Betrieben sowie zur Umstrukturierung und Entflechtung von früheren Produktionsgenossenschaften anbieten.

 

Wir wollen die europäische Agrarpolitik so weiterentwickeln, daß sie eine erfolgreiche Marktentlastung ermöglicht und stärker die Belange des Natur- und Umweltschutzes berücksichtigt. Wir messen auch dem Anbau nachwachsender Rohstoffe große Bedeutung bei, und zwar sowohl unter umweltpolitischen Gesichtspunkten als auch aus Gründen der Marktentlastung und Einkommensstabilisierung.

 

Die Bundesregierung wird sich nachdrücklich dafür einsetzen, daß zur Sicherung der Einkommen die bisherigen Ausgleichsmaßnahmen in ihrer Größenordnung erhalten und in GATT- bzw. EG-konformer Weise fortgeführt werden können.

 

Einkommensminderungen, die sich in Folge von GATT-Beschlüssen ergeben, müssen ausgeglichen werden.

 

Wir erwarten von der EG, das zugesagte Entlastungsprogramm. Es ist uns aber klar, daß dieses Programm auch aus nationalen Mitteln in einer angemessenen Weise unterstützt werden muß. Vor allem zur stärkeren Berücksichtigung der einzelbetrieblichen Leistungsfähigkeit und zur finanziellen Stabilisierung des Systems, aber auch zur besseren sozialen Sicherung der Bäuerinnen werden wir eine Reform der agrarsozialen Sicherung durchführen.

 

Wir wollen den ländlichen Raum, der über Jahrhunderte von bäuerlicher Tradition geprägt ist, wirtschaftlich und ökologisch stärken. Wir, brauchen in der Bundesrepublik Deutschland auch in Zukunft den bäuerlichen Familienbetrieb. Er ist Teil unseres kulturellen Erbes.

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Menschen suchen Geborgenheit in einer vertrauten Lebensumwelt. Deshalb hat die kommunale Selbstverwaltung, die auf Eigenverantwortung und

 

Bürgersinn beruht, wegen ihrer Geschichte und Tradition für unser Land eine so große Bedeutung. Was die kleinere Einheit in eigener Verantwortung wirksam entscheiden kann, soll der Staat nicht an sich ziehen. Wie wichtig dieser Grundsatz ist, zeigt sich jetzt auch in den neuen Bundesländern: Die Menschen dort haben sich nie damit abgefunden, daß eine zentralistische Bürokratie geschichtlich gewachsene Strukturen zerschlug. Wer immer noch an die Überlegenheit der totalen Planung glaubt, der übersieht die zutiefst humane Bedeutung von Institutionen, die den Menschen Halt, Identität, das Gefühl der Zugehörigkeit - kurz: die Erfahrung von Heimat - bieten.

 

‚Heimat' ist eben kein altmodischer Begriff und schon gar kein Plädoyer für geistige Enge. Ohne das Bewußtsein der eigenen Herkunft gibt es keine Zukunft. Wer keine Wurzeln hat, der ist auch zur Weltoffenheit nicht fähig.

 

Ich hoffe, daß der überall trotz größter Schwierigkeiten zu beobachtende Aufbruch gerade im kommunalen Bereich in den neuen Bundesländern rasche Erfolge hat. Zur Förderung von Eigenverantwortung und Bürgersinn gilt es jetzt auch in den neuen Bundesländern, den Aufbau eines vielfältigen und unabhängigen Vereins- und Verbandslebens zu unterstützen. Selbstverantwortung und ehrenamtliche Mitarbeit müssen dabei die tragenden Prinzipien bilden. Viele leisten dabei schon jetzt vorbildliche Arbeit. Wir haben dafür Dank zu sagen.

 

Wir alle wissen: Die Städte, Gemeinden und Kreise in den neuen Bundesländern befinden sich in einer schwierigen Phase des Neubeginns. Sie brauchen eine Unterstützung die weit über das rein Finanzielle hinausgeht. Deshalb darf ich an dieser Stelle auch ein Wort des Dankes sagen an die vielen Städte und Gemeinden in den alten Bundesländern, die durch ihre Partnerschaften direkt und ganz unbürokratisch geholfen haben und helfen.

 

Zugleich würde ich es begrüßen - und ich hoffe, daß viele dabei mitwirken -, wenn noch mehr Städte und Gemeinden in den bisherigen Bundesländern weitere Partnerschaften begründeten. Denn bei weitem nicht alle Gemeinden in der ehemaligen DDR haben Partnergemeinden gefunden. Sie sind auf die Unterstützung dringend angewiesen.

 

Nicht im Provinzialismus, sondern in einem neuen an schöpferischen Gemeinsinn liegt auch die Zukunft unserer föderalen Ordnung.

 

Der Wille zur Gemeinsamkeit muß sich z. B. auf dem Gebiet der Bildungspolitik jetzt in einer besonderen Weise bewähren. Hier sind die Bundesländer aufgerufen, die anstehenden Fragen in diesem Sinne entschieden anzupacken. Ich denke etwa an die Verkürzung der Ausbildungszeiten an Schulen und Hochschulen. Das ist nach meiner festen Überzeugung ohne einen Abbau an Qualität möglich.

 

Es geht um die Zukunftschancen der jungen Generation: Unsere Hochschulabsolventen werden schon bald im großen europäischen Binnenmarkt gefordert sein, um mit ihren viel früher ihr Studium abschließenden Kollegen aus anderen Ländern mithalten zu können. Ich finde, jetzt ist eine gute Gelegenheit, diese lange währende Diskussion endlich positiv abzuschließen.

 

Unser besonderes Augenmerk wird sich in den kommenden Jahren auf eine durchgreifende Erneuerung im Bildungswesen der neuen Länder richten müssen. Die Bundesregierung wird hierbei ihren Beitrag leisten. Für Hochschulen und Wissenschaft werden wir in Kürze ein Förderungsprogramm vorlegen, das ich mit den Regierungschefs der Bundesländer vereinbart habe.

 

Meine Damen und Herren, zu dem Schönsten, was die neuen Bundesländer in das vereinte Deutschland eingebracht haben, gehört das vielfältige historische Erbe ihrer traditionsreichen Landschaften - mit

 

einzigartigen Zeugnissen unserer Geschichte und Kultur. Wir freuen uns, daß sie nun wieder für alle zugänglich geworden sind.

 

Seit vielen Jahrhunderten sind die in der Lausitz lebenden slawischen Landsleute, die Sorben, in Deutschland zu Hause. Die Bewahrung und Pflege ihrer Kultur und ihrer Tradition sind zu gewährleisten.

 

Meine Damen und Herren, die Öffnung unserer östlichen Nachbarländer für Europa und ihr Bekenntnis zur gesamteuropäischen Kultur schaffen eine neue, vielversprechende Grundlage für ein wesentliches Anliegen: Dort haben Deutsche in vielen Jahrhunderten ein unverlierbares kulturelles und geschichtliches Erbe aufgebaut. Dies wollen wir gemeinsam mit unseren Nachbarn erforschen, pflegen und erhalten.

 

- Es ist schon wirklich unerhört, welche Zwischenrufe Sie hier bringen. Daß aus Ihrer Ecke der Ruf tönt: ‚Heim ins Reich!', das fällt auf Sie zurück.

 

Ich begrüße es, daß bei unseren Nachbarn Verständnis und Aufgeschlossenheit dafür wachsen.

 

Stellung und Ansehen des vereinten Deutschlands in der Welt hängen nicht nur von seinem politischen Gewicht und seiner wirtschaftlichen Leistungskraft ab, sondern mindestens ebenso von seiner kulturellen Ausstrahlung.

 

Deutsche Sprache und Literatur haben durch die Wiedervereinigung an Attraktivität gewonnen. Deutschunterricht ist heute weltweit stärker gefragt als vor Jahren. Wir sollten diese große Chance gemeinsam nutzen und alles tun, um die auswärtige Kulturpolitik zu verstärken.

 

Wir wollen dabei den Reichtum unserer Kultur in einen schöpferischen Dialog mit unseren europäischer Nachbarn in Ost und West, in die transatlantische Partnerschaft und in den Nord-Süd-Dialog einbringen: Unsere gemeinsame Kultur, Sprache und Geschichte waren in der Zeit der Teilung Deutschlands eine feste Grundlage der fortbestehenden Einheit der Nation. Solange die Spaltung dauerte, wer die Teilhabe an der einen deutschen Kultur vielleicht das stärkste Band gemeinsamer, Identität aller Deutschen. Es ist eine Aufgabe von nationaler Dimension, daß die Kulturinstitutionen von europäischem Rang auf dem Gebiet der früheren DDR ihre Bedeutung für Deutschland und Europa bewahren. Die Bundesregierung sorgt, unbeschadet - ich sage dies vorsorglich - der grundsätzlichen Zuständigkeit der Länder, durch eine Übergangsfinanzierung dafür, daß diese Einrichtungen fortbestehen können. Sie sieht in dieser Übergangshilfe auch einen Beitrag zu einer funktionierenden bundesstaatlichen Ordnung. Oder um es anders auszudrücken: Uns geht es nicht um neue Kompetenzen, sondern es geht uns darum, daß diese wichtigen Institutionen für Deutschland erhalten werden.

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, über vier Jahrzehnte hinweg mußten die Deutschen in Ost und West ihr Leben unter ganz unterschiedlichen Bedingungen gestalten. Wohlverhalten und offener Widerspruch, Anpassung und innere Emigration, Selbstverleugnung aus Angst vor Gefährdung der eigenen Zukunft, der Zukunft der Familie und im Beruf, dies alles waren Verhaltensweisen und Erfahrungen unter dem SED-Regime. Jene Deutschen, die das Glück hatten, in dieser Zeit auf der Sonnenseite unseres Landes und unserer Geschichte in Freiheit in der Bundesrepublik leben zu dürfen, haben diese bitteren Erfahrungen nicht machen müssen. Sie sollten sich vor Überheblichkeit und Selbstgerechtigkeit hüten.

 

Wir müssen gerade vor denjenigen Landsleuten höchsten Respekt bezeugen, die ihren unbeugsamen Freiheitswillen bekundeten und oft Schlimmes erdulden mußten.

 

Wir müssen aber auch Verständnis dafür haben, daß manche in über vierzig Jahren Diktatur ohne große Hoffnung auf Veränderungen versuchten, im Privaten ihr Glück zu finden. Wir allen wissen, daß dies oft nur unter Kompromissen möglich war.

 

Die Diktatur der SED hat gerade auch in den Herzen der Menschen Wunden geschlagen. Gezielt versuchten die kommunistischen Machthaber, Menschen gegeneinander auszuspielen, Vertrauen zu zerstören und Haß zu säen. Wir dürfen jetzt nicht zulassen, daß noch im nachhinein die Saat der SED aufgeht.

 

Wir müssen unbeirrt den Weg des Rechtsstaates gehen; auch wenn mancher aus seiner bitteren Erfahrung dies nicht sofort versteht. Denn nur im Rechtsstaat verbindet sich die Forderung nach Gerechtigkeit mit dem Willen zum inneren Frieden.

 

Wer schwere Schuld auf sich geladen hat, der wird die Konsequenzen dafür tragen müssen. Er muß zur Rechenschaft gezogen werden. Um jedoch für unser Volk den inneren Frieden zu gewinnen, müssen wir auch fähig sein, die Kraft zur Aussöhnung zu finden.

 

Mir ist sehr wohl bewußt - meine Damen und Herren, lassen Sie mich das als einer, der nicht in dieser Lage war, der nicht in der Versuchung war und der sich in diesem Felde nicht bewähren mußte, sehr persönlich formulieren -, wie schwierig es ist, vor allem für viele, die gelitten haben, dies so anzunehmen. Aber wir alle sollten die Herausforderung annehmen und hilfreich sein. In einem vereinten Deutschland müssen wir die Lasten gemeinsam tragen - auch jene, die aus der Vergangenheit stammen. Wir würden sonst die Barrieren, die wir niedergerissen haben, in unserem Denken neu aufrichten und befestigen. Eine schwere Last der Vergangenheit stellen die Akten des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR dar. Sie müssen politisch, historisch und juristisch aufgearbeitet werden. Die individuellen Rechte der Betroffenen müssen gesichert, und der einzelne muß vor unbefugter Verwendung seiner persönlichen Daten geschützt werden. Die Bundesregierung geht davon aus - ich darf das in einer wirklich förmlichen Bitte hier aussprechen -, daß die Bundestagsfraktionen schon bald den verabredeten Gesetzentwurf vorlegen, der die Aufbewahrung, Nutzung und Sicherung dieser Unterlagen regelt. Wir bieten dabei jede Unterstützung an.

 

Die Unrechtstaten, die Menschenrechtsverletzungen der SED-Diktatur können nicht ungeschehen gemacht werden. Die Opfer der kommunistischen Despoten haben jedoch Anspruch auf Rehabilitierung. Deshalb müssen Urteile überprüft werden. Neben den bestehenden Entschädigungsregelungen werden wir - soweit dies möglich ist - für weiteren Ausgleich sorgen.

 

An Eigentum und Vermögen ihrer Bürger hat sich die DDR seit ihrer Entstehung 1949 schamlos vergangen. Grundsätzlich müssen die in den vergangenen vierzig Jahren enteigneten Grundstücke und Betriebe jetzt den rechtmäßigen Eigentümern zurückgegeben werden. Allerdings - das füge ich hinzu - können wir vierzig Jahre Verletzung des Eigentums nicht ungeschehen machen. Ist die Rückgabe nicht möglich, so gibt es eine Entschädigung. Die Einzelheiten wird ein Gesetz regeln.

 

Meine Damen und Herren, wir stehen bei diesem Thema vor einer schwierigen Güterabwägung: Einerseits gilt der Grundsatz, daß enteignete Grundstücke und Betriebe im Interesse der früheren Eigentümer jetzt zurückgegeben werden. Andererseits müssen wir im Interesse des Gemeinwohls dafür sorgen, daß Grundstücke für notwendige Investitionen rasch zur Verfügung stehen. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung.

 

Wir werden die gesetzlichen und administrativen Voraussetzungen weiter ausbauen, damit die Grundstücksübertragungen zügig erfolgen können.

 

Ich weiß - ich denke, jeder von uns weiß -, daß der endgültige Verlust von Eigentum viele Menschen hart trifft, denn es geht oft um mehr als um einen bloßen Vermögensgegenstand. Dies gilt vor allem für jene, die zwischen 1945 und 1949 auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage enteignet wurden. Für diese Betroffenen war eine andere Lösung in den schwierigen Verhandlungen des vergangenen Jahres nicht zu erreichen.

 

Der Fortbestand der Maßnahmen zwischen 1945 und 1949 wurde von der Sowjetunion zu einer Bedingung für die Wiedervereinigung gemacht. Ich sage klar: Die Einheit Deutschlands durfte an dieser Frage nicht scheitern. Eine abschließende Entscheidung über etwaige Ausgleichsleistungen ist dem neu gewählten Deutschen Bundestag ausdrücklich vorbehalten.

 

Meine Damen und Herren, ein besonderes Problem stellen in den neuen Bundesländern Versuche dar, die Vermögensrückgabe und eine am Gemeinwohl orientierte Privatisierung zu hintertreiben. Wir werden nicht zulassen, daß alte Seilschaften in Wirtschaft und Verwaltung, gemeinsam mit rücksichtslosen Profiteuren - auch aus den alten Bundesländern - Sand ins Getriebe streuen.

 

Es ist für die Zukunft unseres Gemeinwesens von größter Bedeutung, daß die Menschen in den neuen Bundesländern Vertrauen in den Staat und seine Organe gewinnen. Wer durch seine Tätigkeit für das SED-Regime gravierend belastet ist, kann dem Rechtsstaat eben nicht glaubwürdig dienen.

 

Der Staat kann seiner Verantwortung für die Bürger nur mit einer leistungsfähigen, zukunftsorientierten öffentlichen Verwaltung und mit einer qualifizierten Justiz gerecht werden. Gerade nach dem Jahr der deutschen Einheit möchte ich hier die besondere Anerkennung für die hervorragenden Leistungen des öffentlichen Dienstes bekunden und zugleich unser Bekenntnis zum Berufsbeamtentum bekräftigen.

 

Für die Entwicklung in den neuen Bundesländern ist von entscheidender Bedeutung, daß eine funktionsfähige, rechtsstaatlichen Anforderungen entsprechende Verwaltung und eine unabhängige Rechtspflege zügig aufgebaut werden. Die Bundesregierung wird auch in Zukunft den neuen Bundesländern gemeinsam mit den Ländern der bisherigen Bundesrepublik beim Aufbau fachlich und personell helfen.

 

Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, um an diesem Punkt zu sagen: Es sind zwar Unterschiede im Engagement zu verzeichnen, aber insgesamt gesehen können wir dankbar feststellen, daß nach manchen Anlaufschwierigkeiten die alten Bundesländer auf diesen Gebieten erhebliche Hilfe leisten. Vor allem die Landesregierungen und diejenigen, die vor Ort diese Arbeit verrichten, verdienen unseren Dank.

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zum inneren Frieden gehört, daß der Staat seine Bürger wirksam vor Gefahren schützen kann. Eine der großen, zunehmenden Bedrohungen unserer Sicherheit stellt heute die organisierte Kriminalität dar, insbesondere die Rauschgiftkriminalität und der Terrorismus.

 

Wir werden sie mit aller Entschiedenheit bekämpfen. Ich glaube, wir haben guten Grund, unseren Polizeiund Sicherheitsbeamten gerade in diesen Tagen und Wochen für ihren Einsatz zu danken.

 

Zu den Entwicklungen, die wir mit großer Wachsamkeit beobachten müssen, gehört das Aufkommen Mafiaähnlicher Organisationen. Wir werden uns noch viel stärker als heute auch im europäischen Rahmen mit dieser Herausforderung beschäftigen müssen. Ich bin zutiefst davon überzeugt, daß nationale Maßnahmen allein nicht mehr ausreichen. Ich hoffe deshalb sehr, daß es uns gelingt, schon sehr bald auf europäischer Ebene zu einer gemeinsamen Einrichtung zur Bekämpfung Mafia-ähnlicher Organisationen zu kommen. Die Bedrohung unserer Gesellschaft und die persönlichen und sozialen Folgen des Mißbrauchs von Drogen haben sich verschärft. Wir begegnen dieser Herausforderung mit dem nationalen Rauschgiftbekämpfungsplan und einem gesetzgeberischen Gesamtkonzept. Wir wollen vor allem, daß der Zugriff auf illegal erzielte Gewinne verschärft wird. Ich sage noch einmal: Mit nationalen Maßnahmen allein ist es nicht getan.

 

Neue Formen der Kriminalität erfordern neue Methoden der Verbrechensbekämpfung. Rasterfahndung, Polizeiliche Beobachtung, Einsatz verdeckter Ermittler und die Anwendung modernster technischer Mittel müssen auf eine verläßliche Rechtsgrundlage gestellt werden. Ich sage ganz klar: Der Datenschutz darf nicht zum Täterschutz werden.

 

Meine Damen und Herren, das Recht sichert die Freiheit. Es kann seine friedensstiftende Kraft nur entfalten, wenn die Institutionen des Rechtsstaats ihren Auftrag im Dienste der Bürger wirksam erfüllen. Unser Rechtsstaat gründet auf dem Grundgesetz. Es ist die beste Verfassung der deutschen Geschichte und hat sich in den vergangenen 40 Jahren hervorragend bewährt.

 

Dies schließt nicht aus, daß, wie in der Vergangenheit, die eine oder andere Bestimmung den veränderten Verhältnissen angepaßt werden muß. Wir haben ja in den vergangenen Monaten in vielen Gesprächen bereits Verabredungen zum weiteren Vorgehen getroffen. Bundestag und Bundesrat - dies ist auch mein Wunsch und der Wunsch der Bundesregierung - sollten aus ihrer Mitte ein paritätisch zusammengesetztes Gremium berufen, das darüber beraten soll, welche Verfassungsänderungen den gesetzgebenden Körperschaften vorgeschlagen werden. Ich denke, das gemeinsame Gremium aus Bundestag und Bundesrat sollte sich insbesondere mit den im Einigungsvertrag genannten Grundgesetzänderungen befassen, aber auch - darüber wird zuwenig gesprochen - mit Änderungen, die für die Verwirklichung der Europäischen Union Europas zweifellos notwendig werden. Der demokratische Rechtsstaat steckt den Rahmen für einen verantwortlichen Gebrauch der Freiheit. Sicherheit, Geborgenheit und Orientierung aber erfährt der einzelne nicht allein und nicht in erster Linie durch den Staat. Der Staat kann und darf sich dies auch niemals anmaßen. Gerade unsere Mitbürger in den neuen Bundesländern wissen dies nur zu genau.

 

Vor allem auch die Kirchen und die Religionsgemeinschaften sind gefordert. Ihr Beitrag ist unverzichtbar. Dies ist nicht zuletzt während der friedlichen Revolution des Herbstes 1989 deutlich geworden. Durch die Vermittlung geistiger Orientierung und seelischen Halts helfen sie, die Hinterlassenschaft von über 40 Jahren Diktatur zu überwinden.

 

Meine Damen und Herren, der Einsatz und die vielfältigen Leistungen der Kirchen und vieler engagierter Christen im sozialen Bereich verdienen unsere Anerkennung. Ich nenne und würdige hier auch ausdrücklich den Einsatz der Wohlfahrts- und Familienverbände.

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, unter den Institutionen, die Halt geben, steht die Familie an erster Stelle. Gerade in einer Zeit tiefgreifender Veränderungen gewinnt sie als Quelle menschlicher Wärme und Geborgenheit an Bedeutung. Sie bleibt der wichtigste Ort für die persönliche Entwicklung und für die Vermittlung von Werten und Tugenden. Es war und bleibt das Ziel unserer Politik, die Familie zu stärken. Wir haben hier in den vergangenen Jahren eine grundlegende Neuorientierung erreicht, und wir wollen diese Neuorientierung auch in den neuen Bundesländern einleiten.

 

Wir wollen die Familien noch stärker als bisher steuerlich entlasten; ihre Förderung durch Kindergeld wollen wir ausbauen. An diesem dualen System des Familienlastenausgleichs halten wir fest.

 

Die Kinderfreibeträge werden wir schrittweise so erhöhen, daß das Existenzminimum für Familien mit Kindern nicht mehr besteuert wird. Das Kindergeld werden wir so ausgestalten, daß es nicht allein der Herstellung von Steuergerechtigkeit dient, sondern darüber hinaus Familien um so stärker fördert, je niedriger ihr Einkommen und je höher die Kinderzahl ist.

 

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat mit der Einführung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub und der Anerkennung von Erziehungszeiten im Rentenrecht neue Wege beschritten. An diesem Kurs halten wir fest. Wir werden die Zahlung von Erziehungsgeld zum 1. Januar 1993 um weitere sechs Monate auf zwei Jahre verlängern. Der Erziehungsurlaub mit Beschäftigungsgarantie wird schon zum 1. Januar 1992 auf drei Jahre ausgedehnt.

 

Ich appelliere an die Bundesländer, ihrer Verantwortung für die Familien gerecht zu werden und, soweit das noch nicht geschehen ist, ein ergänzendes Landeserziehungsgeld einzurichten.

 

Wir wollen, daß sich jeder, ob Mann oder Frau, frei zwischen Familie und Beruf entscheiden oder beides miteinander verbinden kann. Deshalb - und auch mit Rücksicht auf alleinerziehende Väter oder Mütter - muß das Angebot von Kindertagesstätten und anderen Formen der Kinderbetreuung ausgebaut werden.

 

Die Bundesregierung setzt sich mit Nachdruck dafür ein, im Kinder- und Jugendhilfegesetz einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz zu verankern.

 

- Meine Damen und Herren, ich verstehe auch hier Ihre Empörung nicht. Ich habe als Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz mit meinem Kollegen Heiner Geißler über diese Themen nicht nur gesprochen, sondern auch gehandelt zu einem Zeitpunkt, in dem Sie noch gar nicht an diese Themen gedacht haben. Frauen verlangen zu Recht ihren gleichberechtigten Platz in der Gesellschaft, in der Arbeitswelt ebenso wie im öffentlichen Leben. Mit einem Gleichberechtigungsgesetz werden wir dafür weitere Voraussetzungen schaffen.

 

Unsere Beschlüsse zum Arbeitsförderungsgesetz und zur Arbeitszeitordnung werden die Chancen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt weiter verbessern.

 

Meine Damen und Herren, unsere Anerkennung, aber auch unsere politischen Anstrengungen gelten ebenso den Frauen, die sich auf Grund ihrer persönlichen Entscheidung vor allem der Familie und der Erziehung der Kinder widmen. Ich wende mich ganz entschieden dagegen, daß immer wieder die Leistung der Hausfrau und Mutter geringer geachtet wird als die Tätigkeit im Erwerbsleben.

 

Was Hausfrauen und Mütter Tag für Tag in der Familie leisten, ist für uns alle von unschätzbarem Wert. Gerade wenn wir auf die letzten 45 Jahre deutscher Geschichte - in der früheren DDR ebenso wie in der Bundesrepublik - zurückblicken, wissen wir um den großartigen Einsatz von Generationen von Müttern. Wir können gar nicht dankbar genug dafür sein.

 

Wir müssen uns bewußt sein: Unser Auftrag zugunsten einer familien- und kinderfreundlichen Gesellschaft ist noch lange nicht erfüllt.

 

Gerade Kinder brauchen in besonderem Maße Schutz, Hilfe und Zuwendung.

 

Das gilt vor allem für die schwächste Form menschlichen Lebens: für das ungeborene Kind. Wir werden hier im Deutschen Bundestag darüber zu beraten haben - ich hoffe, die Diskussion wird in einer dem Ernst des Themas angemessenen Weise geführt werden -, wie das unterschiedliche Recht in Deutschland möglichst bald durch eine einheitliche Neuregelung ersetzt werden kann. Es gilt, eine gesamtdeutsche Lösung zu finden, die unserer Verfassung entspricht. Das für uns alle entscheidende Kriterium muß sein, wie wir das Leben ungeborener Kinder besser schützen können. Zugleich muß es darum gehen, wie schwangeren Frauen in Konfliktsituationen wirkungsvoller geholfen werden kann. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir brauchen ein neues Miteinander, eine neue Partnerschaft zwischen den Generationen. Wie in fast allen europäischen Ländern gibt es auch in der Bundesrepublik Deutschland immer mehr ältere Menschen. Schon heute leben in Deutschland rund 16 Millionen Menschen, die über 60 Jahre alt sind, d. h. fast genauso viel wie unter Zwanzigjährige. Der Anteil der Senioren an der Bevölkerung wird in den kommenden Jahren noch weiter deutlich ansteigen. Unsere Politik wird deshalb in besonderem Maße auch auf die Bedürfnisse der älteren Generation ausgerichtet sein. Unsere Gesellschaft muß den Älteren ein Leben in Selbständigkeit und Sicherheit, ein Leben in Würde ermöglichen. Gerade diese Generation hat die Last der Geschichte in diesem Jahrhundert in besonderer Weise tragen müssen - vor allem jene, die nach der NS-Diktatur und dem Krieg auch noch unter kommunistischer Herrschaft leben mußten.

 

Unsere Gesellschaft kann es sich nicht leisten, auf die aktive Teilnahme der Älteren, auf ihre Lebenserfahrung, ihr Wissen und ihre Weisheit zu verzichten. Dies ist ein Gewinn für uns alle - vor allem in menschlicher Hinsicht.

 

Wir brauchen insgesamt eine Kultur des Helfens und der Nachbarschaft, den Geist freiheitlichen und sozialen Bürgersinns. Alten wie Jungen, jedem einzelnen eröffnet sich hier ein weites Feld sinnvoller sozialer Tätigkeit.

 

Hilfe und Zuwendung brauchen insbesondere jene, die wegen Krankheit oder Behinderung auf Pflege angewiesen sind. Ihnen und ihren Angehörigen müssen wir beistehen, auch indem wir die finanziellen Lasten tragbar machen.

 

- Warten Sie doch ab!

 

Die Bundesregierung wird deshalb bis zum Sommer 1992 dem Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf zur Sicherung bei Pflegebedürftigkeit vorlegen.

 

- Meine Damen und Herren, das Problem ist nicht neu. Sie haben von 1969 bis 1982 Zeit gehabt, und Sie haben nichts getan.

 

- Aber, Herr Kollege Vogel, Sie werden doch nicht bestreiten, daß die demographische Situation der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1949 und 1969 eine andere war als die zwischen 1969 und 1982.

 

Die Daten waren damals bekannt. Sie haben nichts getan.

 

Und Ihre Zwischenrufe sollen nur davon ablenken, daß Sie auf diesem Gebiet versagt haben.

 

Da die Menschen schnell vergessen, will ich Sie, auch im Blick auf Ihre Unruhe vorhin beim Thema Gesundheitsreform, doch daran erinnern, daß der erste wichtige Schritt zur Hilfe im Bereich der Pflege mit der Gesundheitsreform gemacht worden ist.

 

Im übrigen, meine Damen und Herren - lassen Sie mich das jetzt ungeachtet unseres kleinen Geplänkels noch anmerken -, ist die Sicherung bei Pflegebedürftigkeit ein Thema, bei dem ich uns alle einladen möchte, den Versuch zu unternehmen, zu einem Konsens zu kommen.

 

- Ich weiß nicht, warum Sie immer dazwischenrufen, Sie haben noch gar nicht gehört, was ich sage.

 

Wir haben ja auch bei dem schwierigen Thema der Rentenreform nach langen und schwierigen Debatten einen Konsens gefunden. Ich könnte mir vorstellen, daß dies bei dem Thema Pflegebedürftigkeit, wo es vor allem um die ältere Generation geht, ebenfalls sehr gut wäre. Lassen Sie uns das doch einmal versuchen, bevor wir jetzt erneut Mauern des Kalten Krieges im Parlament errichten. Meine Damen und Herren, die Integration von behinderten Mitmenschen in unserer Gesellschaft ist eine ständige Herausforderung - nicht nur an die Politik. Sie geht uns alle an. Besonders wichtig ist es, Vorurteile abzubauen und Verständnis zu schaffen.

 

Die Eingliederung Behinderter in Beruf und Gesellschaft ist um so erfolgreicher, je besser die Leistungen der medizinischen, der beruflichen und der sozialen Rehabilitation aufeinander abgestimmt sind. Wir wollen es den behinderten Menschen erleichtern, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen. Deshalb werden wir in dieser Legislaturperiode das Rehabilitationsrecht und das Schwerbehindertenrecht in übersichtlicher Form zusammenfassen und in das Sozialgesetzbuch einordnen.

 

Meine Damen und Herren, unsere besondere Anerkennung, ja Bewunderung gilt den Behindertensportlern. Für uns alle hat der Sport, insbesondere der Breitensport, eine große gesellschaftliche wie gesundheitliche Aufgabe. Ich nehme gern die Gelegenheit wahr, den Sportverbänden und vor allem denen, die im Ehrenamt dort tätig sind, unseren herzlichen Dank zu sagen.

 

Wir werden auch in Zukunft den Sportverbänden ein verläßlicher Partner sein. Ich will namens der Bundesregierung erklären: Wir unterstützen nachdrücklich die erklärte Absicht der Sportverbände, entschieden gegen Dopingpraktiken vorzugehen. Der Sport muß menschenwürdig bleiben. Die Förderung des Spitzensports in den neuen Bundesländern wollen wir erhalten und in das bewährte Fördersystem der Bundesrepublik einfügen.

 

Wir unterstützen die Bewerbung Berlins um die Ausrichtung der Olympischen Spiele im Jahre 2000. - Meine Damen und Herren, ich stelle mit Genugtuung fest, daß wenigstens das ein Punkt ist, wo ich den Beifall des ganzen Hauses habe.

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir werden alles daransetzen, um die Chancen junger Menschen in ganz Deutschland weiter zu verbessern. Im Westen Deutschlands hat die Zahl der jugendlichen Arbeitslosen den niedrigsten Stand seit 14 Jahren erreicht. Ein vergleichbares Ergebnis muß uns bald auch in den neuen Ländern gelingen. Ich habe auch hier einen Dank abzustatten: Es waren Handwerk und Industrie und ihre Kammern, die sehr früh damit begonnen haben, für die Aufnahme und Ausbildung der Lehrlinge zu sorgen.

 

Wir wollen alles tun, daß dies so weiter geht.

 

Wir werden die Bereitschaft junger Leute fördern, sich für die Allgemeinheit einzusetzen und sich sozial zu engagieren. So werden wir in dieser Legislaturperiode einen Gesetzentwurf über die freiwilligen sozialen Dienste einbringen, in dem auch ein Freiwilliges Ökologisches Jahr vorgesehen ist.

 

Mehr als bei früheren Generationen beeinflussen heute internationale Erfahrungen und Begegnungen den Alltag der jungen Generation. Hierzu trägt vor allem der Jugendaustausch bei. Das Deutsch-Französische Jugendwerk hat sich große Verdienste erworben. Es soll nach unserer Meinung auch als Modell dienen, wenn wir jetzt Begegnungen zwischen jungen Deutschen und jungen Polen fördern. Die junge Generation ist aufgerufen, Brücken zu schlagen und Vorurteile abzubauen.

 

Meine Damen und Herren, Deutschland ist unser Vaterland, Europa unsere Zukunft. Kein und Fundament der Einigung Europas bildet für uns die Europäische Gemeinschaft, die wir bald zur Europäischen Union ausbauen wollen.

 

Auf dem Weg zum vereinten Europa müssen Frankreich und Deutschland weiterhin treibende Kraft sein. Die Freundschaft zwischen unseren beiden Völkern ist für uns Deutsche von existentieller Bedeutung. Die Entschlossenheit zu gemeinsamem Handeln haben Staatspräsident Mitterrand und ich in zwei grundlegenden Initiativen zur politischen Union unter Beweis gestellt.

 

Von herausragender Bedeutung sind für uns die freundschaftlichen Beziehungen zu Großbritannien, auf dessen Beitrag zur Einigung Europas nicht verzichtet werden kann.

 

Die Europäische Gemeinschaft hat in den vergangenen Jahren neue Ausstrahlungskraft gewonnen. Auch die Europäische Kommission und vor allem ihr Präsident Jacques Delors haben einen ganz wesentlichen Anteil an dieser Entwicklung.

 

Marksteine auf diesem Weg sind: die Einheitliche Europäische Akte, die am 1. Juli 1987 in Kraft getreten ist, und die grundlegenden Reformen, die unter deutscher Präsidentschaft im ersten Halbjahr 1988 durchgesetzt wurden.

 

In der Zeit des großen Umbruchs der beiden letzten Jahre hat sich die Europäische Gemeinschaft als wirtschaftlicher und politischer Stabilitätsanker für ganz Europa bewährt. Dies ist allen Partnern, nicht zuletzt uns Deutschen, zugute gekommen. Zugleich ist die Bedeutung der Gemeinschaft in der internationalen Politik gestiegen. Sie ist Modell und Vorbild der Zusammenarbeit anderer Regionen und Staaten geworden. Dennoch sage ich: Wir dürfen uns auf keinen Fall mit dem Erreichten zufriedengeben. Denn wir müssen damit rechnen, daß die Zeit der Veränderungen nicht vorbei ist und neue Herausforderungen auf uns zukommen.

 

Wir brauchen ein einiges und starkes Europa. Gerade die letzten Wochen zeigen es, wie sehr die Zeit drängt. Die Bundesregierung wird sich deshalb mit aller Kraft dafür einsetzen, daß noch vor den nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament im Frühsommer 1994 die Europäische Union zustande kommt. Um dies zu erreichen, brauchen wir einen umfassenden Ansatz. Das bedeutet im einzelnen:

 

Erstens. Wir wollen den großen Europäischen Binnenmarkt mit 340 Millionen Menschen bis zum 31. Dezember 1992 vollenden. Damit werden wir die erste grundlegende Etappe auf dem Weg zur Europäischen Union zurückgelegt haben.

 

Zwei Drittel des Binnenmarkt-Programms sind bereits verwirklicht. Aber wir dürfen - und werden - in unseren Anstrengungen nicht nachlassen. Ich bin zuversichtlich, daß wir in der verbleibenden Zeit alle notwendigen Entscheidungen treffen werden.

 

Zweitens. Unser Ziel ist das Europa ohne Grenzen. Wir treten für weitere Fortschritte bei der Abschaffung der Grenzkontrollen ein und werden hierfür auch unsere Präsidentschaft im Rahmen der Schengener Übereinkommen nutzen.

 

Der Wegfall der Grenzkontrollen bringt aber - ich sagte es schon - viele neue Herausforderungen im Bereich der inneren Sicherheit. Wir brauchen in Europa zwingend, und zwar bald, eine gemeinsame Politik in Kernbereichen des polizeilichen und justizpolitischen Handelns. Vordringlich sind insbesondere: eine gemeinsame europäische Asyl- und Einwanderungspolitik sowie eine europäische Zentrale - und zwar mit Kompetenzen - zum Kampf gegen die Drogenmafia und gegen das organisierte internationale Verbrechen und den Terrorismus.

 

Wir werden im Rahmen der Regierungskonferenz zur Politischen Union nachdrücklich - und, wie ich hoffe, erfolgreich - dafür eintreten, diese Kernbereiche in die Gemeinschaftsverträge mit einzubeziehen. Um das Problem der Flüchtlings- und Wanderungsströme in und nach Europa zu lösen, müssen wir gemeinsam die Ursachen in den Herkunftsländern bekämpfen. Dem dient die Flüchtlingskonzeption, die die Bundesregierung im letzten Jahr vorgelegt hat.

 

Wir müssen uns dabei im klaren sein, daß wir nicht alle aufnehmen können, die zu uns kommen wollen. Die Bundesrepublik Deutschland ist kein Einwanderungsland.

 

Aber die Integration derjenigen, die bei uns leben, wollen wir fördern. Dem dient das neue Ausländergesetz, das Ende des letzten Jahres in Kraft getreten ist und das wir jetzt umsetzen. Es gibt den bei uns lebenden Ausländern mehr Klarheit und Sicherheit.

 

Das Zusammenleben mit unseren ausländischen Mitbürgern sollten wir als Chance, als eine Bereicherung für unser Volk begreifen. Wir verdanken den Ausländern, die bei uns leben, viel. Drittens. Wir wollen kein zentralistisches Europa, sondern ein Europa der Vielfalt.

 

Europa lebt aus dem kulturellen Reichtum und der Fülle der Tradition und Eigenarten in den Ländern und Regionen. Dies und die geistige Einheit in den Grundwerten sind eine Quelle seiner Kraft. Wir wollen sie bewahren.

 

Wir wollen ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen den Befugnissen der Gemeinschaft und denen ihrer Mitglieder. Föderalismus, Subsidiarität und die Einbeziehung der Interessen der Regionen sind wichtige Strukturprinzipien für ein lebendiges Europa der Zukunft.

 

Der einzelne Bürger muß stärker als bisher und ganz unmittelbar verspüren: Diese Gemeinschaft ist sein Europa.

 

Neues Element eines solchen Europas der Bürger könnte eine ‚Europa-Bürgerschaft' sein, die auf der nationalen Staatsbürgerschaft aufbaut. Ich denke, in dieser Perspektive ist dann auch die Frage des Kommunalwahlrechts für EG-Bürger zu prüfen.

 

- Ich verstehe gar nicht, Herr Kollege Vogel, daß Sie das verwundert. Ich bin der Vorsitzende einer Europapartei, wie Sie wissen. Das ist doch ganz selbstverständlich.

 

- Das gilt auch für die Kollegen aus der CSU und aus der FDP. Wir brauchen da von niemandem Nachhilfe.

 

Viertens wollen wir - ich hoffe, daß das Ihre Zustimmung findet -, daß das Europäische Parlament wesentlich mehr Befugnisse erhält. Die europäischen Wähler werden es nicht hinnehmen, im Frühsommer 1994 noch einmal ein Europaparlament zu wählen, wenn wir nicht dieses Defizit an Demokratie beseitigen. Ich füge hinzu: Das hat natürlich auch Konsequenzen für dieses Hohe Haus. Kernpunkte sind insbesondere die Beteiligung des Parlaments an der Wahl des Präsidenten und der Mitglieder der Kommission sowie die Stärkung seiner Rechte im Haushaltsbereich, in der Gesetzgebung und bei den Außenbeziehungen. Fünftens muß es darum gehen, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu entwickeln, die langfristig auch die Perspektiven einer gemeinsamen europäischen Verteidigung einschließt. Das bedeutet, daß auch wir Deutschen zu einem größeren Engagement bereit sein müssen.

 

Die Länder der Gemeinschaft brauchen ein wirkungsvolles Instrumentarium in der Außenpolitik, um ihre Verantwortung besser wahrzunehmen und ihre Interessen besser zur Geltung zu bringen. In der Sicherheitspolitik wollen wir den europäischen Pfeiler in der bewährten Atlantischen Allianz festigen. Staatspräsident Mitterrand und ich haben vorgeschlagen, daß die Regierungskonferenz zur Politischen Union prüfen sollte, wie die Westeuropäische Union gestärkt und schließlich zu einem Teil der Europäischen Union werden könnte.

 

Sechstens. Wir wollen die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion verwirklichen. Der Europäische Rat hat Ende Oktober 1990 in Rom der Regierungskonferenz klare Orientierungen vorgegeben, die mit unseren grundlegenden Vorstellungen übereinstimmen. Unser Ziel ist eine einheitliche europäische Wahrung, die an Stabilität unserer D-Mark nicht nachsteht.

 

Institutionelle Voraussetzung hierfür ist eine unabhängige Europäische Zentralbank, die in der Endstufe für die Geldpolitik verantwortlich ist und ebenso wie die Deutsche Bundesbank vorrangig der Sicherung der Geldwertstabilität verpflichtet ist. Das erfordert von allen Beteiligten - nicht erst später, sondern schon jetzt im Vorfeld - verstärkte und dauerhafte Fortschritte bei der wirtschaftspolitischen Konvergenz aller Beteiligten.

 

Siebtens. Wir wollen ein soziales Europa. Die Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte muß mit Leben erfüllt werden. Wir wollen auch die Mitgestaltungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer in einem sozialen Europa verbessern.

 

Achtens. Für uns Deutsche, für die Bundesregierung ist die Parallelität beider Regierungskonferenzen von einer grundlegenden Bedeutung. Der Zusammenhang zwischen beiden Vorhaben ist sachlich und politisch zwingend.

 

So wichtig die Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion ist, sie bliebe nur Stückwerk, wenn wir nicht gleichzeitig die Politische Union verwirklichten. Um es klar und einfach zu formulieren: Aus meiner Sicht ist für die Bundesrepublik nur die Zustimmung zu beiden gleichzeitig möglich. Beide Vorhaben sind unauflöslich miteinander verbunden.

 

Dabei bleibt unser Kernziel die politische Einigung Europas. Natürlich wissen wir alle, daß die Europäische Gemeinschaft nicht das ganze Europa ist.

 

Deshalb muß die Gemeinschaft grundsätzlich für andere europäische Länder offen sein. Das bedeutet nicht, daß sie von heute auf morgen alle Länder Europas aufnehmen könnte. Aber es bedeutet ebensowenig, daß wir europäische Nachbarn in irgendeiner Weise ausgrenzen wollen. Das gilt in erster Linie für die Länder der EFTA, von denen sich einige ja bereits heute um eine Mitgliedschaft in der Gemeinschaft bemühen oder sich darauf hin orientieren.

 

Aber - das füge ich mit Nachdruck hinzu - auch unsere Nachbarn in Mittel-, Ost- und Südosteuropa brauchen die europäische Perspektive.

 

Die neuen Demokratien haben immer wieder betont, daß für sie der Aufbruch zu Freiheit immer auch eine ‚Heimkehr nach Europa' bedeutet. Gerade für sie ist die Gemeinschaft längst auch zu einem Modell für wirtschaftlichen Erfolg, für Wohlstand und soziale Sicherheit geworden. Wir treten daher nachdrücklich dafür ein, daß die Gemeinschaft an ihren Anstrengungen festhält, die Reformprozesse in Mittel-, Ost- und Südosteuropa nach Kräften zu fördern. Die geplanten Assoziierungsabkommen sind dabei eine wesentliche Stütze.

 

Zugleich müssen auch die Länder, die die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen erfüllen, die Option eines späteren Beitritts haben.

 

Die Gemeinschaft wird auf diese Weise zum Kristallisationspunkt für das Europa der Freiheit, für die Vereinigten Staaten von Europa.

 

Mit unseren Nachbarn im Mittelmeerraum müssen wir die Zusammenarbeit grundlegend verstärken. Ihre Stabilität - ich sage das auch im Blick auf die aktuelle Entwicklung - liegt auch in unserem wohlverstandenen Interesse.

 

Das vereinte Deutschland will keine Rückkehr zum Europa von gestern. Alte Rivalitäten und Nationalismen dürfen nicht wieder aufleben. Wir wollen ein neues Europa, das unsere nationale Identität nicht aufhebt, in dem niemand mehr gegen den anderen, in dem keine Nation im Schatten einer anderen steht, sondern in dem wir gemeinsam einstehen für eine Zukunft in Frieden und Freiheit, in Wohlstand und Sicherheit.

 

Dieses neue Europa darf sich nicht nach außen abschotten. Vor allem bleibt es den Demokratien Nordamerikas aufs engste verbunden. Die transatlantische Partnerschaft gründet sich eben nicht auf gemeinsame Feindbilder, sondern auf die Gemeinsamkeit vitaler Interessen und grundlegender Werte - und nicht zuletzt auf historisch gewachsene menschliche, kulturelle und politische Bindungen. Die Rolle und die Verantwortung der USA und Kanadas in und für Europa bleiben für den Frieden und die Sicherheit unseres Kontinents und vor allem auch für das geeinte Deutschland in seiner Mitte von existentieller Bedeutung.

 

Die Transatlantischen Erklärungen zwischen den Staaten der Europäischen Gemeinschaft und den USA und Kanada sind von uns, von der Bundesregierung, initiiert worden. Wir haben das getan, um diesen Kerngedanken zu bekräftigen - als ein Element der Kontinuität in einer Zeit großen Wandels. Freundschaft und Partnerschaft mit den USA sind auch für das geeinte Deutschland lebenswichtig.

 

Unverzichtbarer Sicherheitsverbund zwischen Europa und Nordamerika ist und bleibt die Nordatlantische Allianz. Zwar hat der politische Wandel in Europa die Konfrontation zwischen Ost und West abgebaut, und die Sicherheitslage auf unserem Kontinent hat sich trotz verbleibender Risiken spürbar verbessert; gleichwohl ist das Bündnis, dem gerade wir, die Deutschen, so viel verdanken, in keiner Weise überflüssig geworden.

 

Man kann nicht oft genug daran erinnern: Es war nicht zuletzt das Bündnis, das den Wandel in Europa und in Deutschland entscheidend mit herbeigeführt hat.

 

Aus diesem Wandel hat das Bündnis auch die notwendige Konsequenz gezogen. So haben wir in der Gipfelerklärung vom Juli 1990 die Weichen zu einer umfassenden Überprüfung von Strategie und Strukturen gestellt. An dem neuen Konzept wird intensiv gearbeitet. Die Bundesregierung ist daran maßgeblich beteiligt. Wesentliche Elemente sind: erstens ein politischer Rahmen, der die Sicherheit und Stabilität in Europa weiterhin gewährleistet und sich dabei verstärkt auf kontrollierte Streitkräfteverminderung, vertrauensbildende Maßnahmen, aktive Krisenvorsorge und Konfliktverhütung sowie friedliche Streitbeilegung abstützt; zweitens eine neue Strategie, die sich weniger auf Nuklearwaffen abstützt und die die bisherige Vorneverteidigung grundlegend verändert; drittens eine Struktur, die sich - mit weiterhin strikt defensiver Ausrichtung - auf kleinere, beweglichere Streitkräfte stützt. Ein weiterer neuer Ansatz könnte sein, multinationale, d. h. aus Angehörigen verschiedener Partnerländer gebildete Einheiten zu schaffen.

 

Das ist ein Weg, den wir in den 50er Jahren ja schon einmal beschreiten wollten. Ich bin sicher, daß damit auch der Zusammenhalt im Bündnis weiter verstärkt werden könnte.

 

Meine Damen und Herren, bei all dem ist die Präsenz nordamerikanischer Streitkräfte in Westeuropa und auf deutschem Boden auch künftig als ein Garant transatlantischer Bindungen unabdingbar.

 

In der ‚Gemeinsamen Erklärung der 22 Staaten' vom November 1990 haben sich die Mitglieder von NATO und Warschauer Pakt die Hand zur Freundschaft und Zusammenarbeit gereicht. Wir haben dies aus der Hoffnung und Überzeugung heraus getan, daß die Konflikte von gestern endgültig der Vergangenheit angehören.

 

Dies kann und darf aber nicht bedeuten, daß wir auf die Fähigkeit verzichten, Frieden und Freiheit auch künftig vor Bedrohung von außen wirksam zu schützen. Dies bleibt der Auftrag der Bundeswehr an der Seite unserer amerikanischen und europäischen Verbündeten.

 

In einer Demokratie hängt gesicherte Verteidigungsfähigkeit nicht zuletzt vom staatsbürgerlichen Verantwortungsbewußtsein eines jeden einzelnen ab. Deshalb wollen wir auch bei den Bundeswehrangehörigen aus den neuen Bundesländern das Leitbild vom Staatsbürger in Uniform in überzeugender Weise verwirklichen. Deshalb halten wir auch entschieden fest an der allgemeinen Wehrpflicht.

 

Sie verbürgt die volle Integration der Streitkräfte in unsere Gesellschaft. Dies setzt zugleich ein wichtiges Zeichen des Vertrauens nach außen.

 

Aber auch umgekehrt gilt es, in unserer Gesellschaft das Bewußtsein dafür wachzuhalten, daß der Schutz unserer freiheitlichen Demokratie jeden angeht und daß es um des Friedens und der Freiheit willen auch Lasten in Kauf genommen werden müssen.

 

Deshalb ist es wichtig, daß wir bei jeder Gelegenheit - ich tue dies heute besonders gern - den Soldaten unserer Bundeswehr für den Dienst am Frieden danken.

 

Ich schließe ausdrücklich in diesen Dank auch jene ein, die aus ihrer persönlichen Gewissensentscheidung heraus Zivildienst leisten und anderen helfen.

 

Meine Damen und Herren, die Bundeswehr wird - der neuen Sicherheitslage in Europa entsprechend - grundlegend reformiert. Aber ihr Auftrag ist klar, und er bleibt: Er heißt Verteidigung. Wir werden die Zahl der Verbände und Großverbände verringern. Wir werden aber auch weiterhin gut ausgebildete und zweckmäßig ausgerüstete Einheiten haben. Die Verringerung und die Umgestaltung der Bundeswehr werden notwendigerweise auch zu Änderungen in den Standorten führen. Jeder von uns weiß aus dem Wahlkreis und aus täglichen Erfahrungen, daß dies eine schwierige Sache ist. Wir werden versuchen, bei den hier zu treffenden Entscheidungen auch im Gespräch mit Landesregierungen und kommunalen Behörden nach Möglichkeit strukturpolitische Belange der betroffenen Länder und Gemeinden in unsere Überlegungen einzubeziehen.

 

Meine Damen und Herren, ein Eckstein der Außen- und Sicherheitspolitik des vereinten Deutschlands bleibt das in meiner Regierungserklärung vom Oktober 1982 vorgegebene Ziel: Frieden schaffen mit weniger Waffen.

 

Verehrte Frau Kollegin, es mag ja sein, daß Sie in den letzten acht Jahren nicht in Deutschland gelebt haben; sonst würden Sie einen solchen Zwischenruf nicht machen.

 

Meine Damen und Herren, Frieden schaffen mit weniger Waffen - wir haben Wort gehalten. Wir haben auf diesem Weg große Fortschritte erreicht, und dieser Grundsatz muß für alle Partner des Prozesses der Rüstungskontrolle gelten. Und jeder muß wissen, daß Versuche, geschlossene Verträge auf die eine oder andere Weise zu umgehen, diesen Prozeß verzögern.

 

Die Bundesregierung wird mit Nachdruck dafür eintreten, daß Rüstungskontrolle und Abrüstung trotz des schwieriger gewordenen Umfeldes vorankommen.

 

Mit dem in Paris unterzeichneten ‚Vertrag über die konventionellen Streitkräfte in Europa' ist das Fundament einer neuen, ganz Europa umfassenden Sicherheitsarchitektur gelegt. Dieser Vertrag muß zügig ratifiziert und nach Buchstaben und Geist umgesetzt werden, und zwar überall. Wir haben zum Abschluß dieses Vertrags maßgeblich beigetragen.

 

Nach unserer Zusage, die Streitkräfte des vereinten Deutschlands auf 370000 Mann zu vermindern, erwarten wir, daß in den weiterlaufenden Verhandlungen die anderen Partner mit Maßnahmen zur Begrenzung ihres Streitkräftepersonals auf nationale Höchststärken folgen.

 

Wir wollen auch den Wiener Verhandlungen über vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen neue Impulse geben, insbesondere bei der Vertrauensbildung unter Nachbarstaaten.

 

Wir treten weiterhin für die möglichst baldige Aufnahme von amerikanisch-sowjetischen Verhandlungen über die nuklearen Kurzstreckensysteme ein. Die veränderte sicherheitspolitische Lage auf unserem Kontinent erlaubt jetzt die Beseitigung der landgestützten nuklearen Kurzstreckenraketen sowie der nuklearen Artilleriemunition in ganz Europa.

 

Wir setzen bei den Genfer Verhandlungen über START und über chemische Waffen sowie beim Atomteststopp auf den längst überfälligen Durchbruch. Die Fortsetzung der Gipfeldiplomatie zwischen den USA und der Sowjetunion hat hierbei Schlüsselbedeutung.

 

Unser großes Ziel bleibt eine dauerhafte und gerechte europäische Friedensordnung, gegründet auf die Achtung der Menschenrechte, auf freiheitliche Demokratie und Soziale Marktwirtschaft.

 

Die ‚Charta für ein neues Europa', von den Staats- und Regierungschefs der KSZE im November 1990 in Paris unterzeichnet, setzt hier klare Maßstäbe. Sie weist neue Wege und schafft neue gesamteuropäische Institutionen. Aber weder Dokumente noch bürokratische Einrichtungen allein garantieren wirklichen Fortschritt in der Sache. Wir werden daher weiterhin sorgfältig darauf zu achten haben, daß das, was in der ‚Charta von Paris' niedergelegt ist, auch mit Leben erfüllt und umgesetzt wird.

 

Dem ersten Treffen der KSZE-Außenminister im Juni 1991 in Berlin kommt dabei große Bedeutung zu: Denn dort werden die Weichen für die nächste KSZE-Gipfelkonferenz in Helsinki 1992 gestellt werden. Wir wollen auch den Weg zur Konstituierung einer Parlamentarischen Versammlung der KSZE ebnen. Wir werden ferner auf neue Impulse für die gesamteuropäische Rechtsentwicklung und die marktwirtschaftliche Kooperation, für grenzüberschreitenden Umweltschutz sowie für Kulturaustausch drängen.

 

Für das vereinte Deutschland ist der umfassende Schutz nationaler Minderheiten eine besondere Aufgabe. Wir werden uns mit Nachdruck in den Gremien der KSZE, aber auch im Europarat dafür einsetzen. Der Europarat hat mit der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten von 1950 sehr früh zukunftsweisende Maßstäbe gesetzt.

 

Es geht uns dabei - ich will dies unterstreichen - verständlicherweise nicht zuletzt um unsere deutschen Landsleute, die in den Staaten Mittel- und Südosteuropas sowie in der Sowjetunion leben. Wir wollen nicht, daß sie in der Ausreise den einzigen Ausweg sehen, sondern wir wünschen, daß sie in ihrer angestammten Heimat wieder eine gesicherte Zukunft für sich und ihre Kinder finden und sich frei entscheiden können. Dies setzt den Schutz ihrer Rechtsstellung ebenso voraus wie die Chance zur Pflege ihrer Sprache, Kultur und Tradition sowie die Freiheit der Religionsausübung, mit einem Wort: die Erleichterung ihrer Lebensumstände. Die Bundesregierung wird diese Anliegen auch in bilateralen Vereinbarungen mit den in Frage kommenden Ländern festschreiben. Jene Deutschen aber, die in ihrer angestammten Heimat für sich und ihre Familie keine Zukunft sehen, werden wir auch weiterhin bei uns aufnehmen, und wir werden ihnen Heimat bieten.

 

Es darf kein Zurück mehr geben auf dem Wege zu einem größeren Europa in Frieden und Freiheit, das in politischer, wirtschaftlicher und sozialer Stabilität zusammenwächst.

 

Die jüngsten Ereignisse im Baltikum waren ein schwerer Rückschlag auf diesem Weg. Ich habe an Präsident Gorbatschow mit großem Ernst und Nachdruck appelliert, jeder weiteren Gewaltanwendung Einhalt zu gebieten.

 

Wir haben im Deutschen Bundestag alle politischen Kräfte der Sowjetunion nachdrücklich aufgefordert, das Recht der baltischen Völker auf Selbstbestimmung, freie Meinungsäußerung und die Wiederherstellung der Legalität zu garantieren; eine Lösung der anstehenden Probleme ausschließlich auf friedlichem Wege zu suchen; größtmögliche Zurückhaltung zu üben und umgehend den politischen Dialog wieder aufzunehmen. Wir haben zugleich unsere tiefste Überzeugung zum Ausdruck gebracht, daß nur Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit die Zukunft gehört; nur auf sie kann eine dauerhafte und gerechte Friedensordnung in Europa gegründet werden.

 

Das vereinte Deutschland mißt den Beziehungen zur Sowjetunion zentrale Bedeutung bei. Dies unterstreichen die zukunftsweisenden Vereinbarungen, die Präsident Gorbatschow und ich im Kaukasus getroffen haben. Mit dem seit 1988 neu geschaffenen deutsch-sowjetischen Vertragswerk und seinem Kernstück, dem ‚Vertrag über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit', haben wir ein festes Fundament gelegt, nicht zuletzt für die Versöhnung der Deutschen mit den Völkern der Sowjetunion. Wir werden die Sowjetunion bei ihren Reformen, insbesondere bei der Festigung der Demokratie, der Gewährleistung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit sowie beim Übergang zur Sozialen Marktwirtschaft weiterhin unterstützen. Wir bleiben nicht bei Deklamationen stehen. Wir haben dies bewiesen. Ich möchte auch hier ein Wort des Dankes sagen zu der höchst erfreulichen und beispiellosen Welle privater Hilfsbereitschaft, die sich in diesem Winter bei uns in Deutschland gegenüber sowjetischen Bürgern in Not gezeigt hat.

 

Wir werden, wie dies vertraglich zugesagt ist, den sowjetischen Soldaten und ihren Familien, die bis spätestens 1994 Deutschland verlassen werden, die Wiedereingliederung erleichtern.

 

Auch die Reformstaaten Mittel- und Südosteuropas werden wir wie bisher auf dem schwierigen Weg zur Sozialen Marktwirtschaft mit Rat und Tat begleiten und dafür eintreten, daß die westliche Hilfe wo immer möglich noch verstärkt wird.

 

Wir sind ganz besonders den Ungarn dankbar. Sie waren es, die im Sommer 1989 ihre Grenzen für Tausende unserer Landsleute geöffnet haben und damit den Weg zur Einheit möglich machten. Das vereinte Deutschland will sein Verhältnis mit der Republik Polen durch einen Vertrag über gute Nachbarschaft und partnerschaftliche Zusammenarbeit umfassend regeln.

 

Auch mit der CSFR erstreben wir noch in diesem Jahr - ich hoffe, vor der Sommerpause - eine umfassende vertragliche Grundlage, die einen Schlußstrich unter die leidvolle Vergangenheit zieht und den Weg in eine Zukunft der guten Nachbarschaft weist.

 

Wir wollen unsere Heimatvertriebenen in das Werk der Versöhnung einbeziehen. Sie haben ganz entscheidend zum Aufbau unseres freiheitlichen Gemeinwesens beigetragen. Sie haben sich bereits vor 40 Jahren in ihrer Stuttgarter Charta zum Gewaltverzicht bekannt und den Weg zur größeren Einheit Europas gewiesen. Sie verdienen deshalb unseren besonderen Dank und auch unsere Solidarität. Die Bundesregierung wird ihnen und ihren Organisationen ein fairer und verständnisvoller Gesprächspartner bleiben.

 

Meine Damen und Herren, Umfang und Schwere der Aufgaben, die sich uns in unserem Lande und in Europa stellen, dürfen unseren Blick nicht verengen. Das vereinte Deutschland muß weltoffen bleiben. Unsere Mitverantwortung in der Welt ist gewachsen.

 

Willy Brandt, der Alterspräsident des Deutschen Bundestages, hat bei der Eröffnung dieser Wahlperiode in Berlin gesagt:

 

Deutschland würde Schuld auf sich laden, wollte es über seinen eigenen die globalen Sorgen Welthunger, Armutswanderungen, Umweltzerstörung vergessen.

 

Ich stimme dem ausdrücklich zu.

 

Diese und andere globale Herausforderungen, wie Überschuldung und Bevölkerungsexplosion, verlangen ein Mehr an internationaler Zusammenarbeit.

 

Wir wollen, daß die Mittel und Kräfte, die durch das Ende des Ost-West-Gegensatzes frei werden, den Menschen in Asien, Afrika und Lateinamerika zugute kommen. Auch in diesen Teilen, der Welt wird ein Wandel spürbar. In einer Reihe von Ländern setzt sich mehr und mehr neues, freiheitliches Denken durch, in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Wir wollen diese hoffnungsvolle Entwicklung bei unserer Zusammenarbeit mit diesen Ländern in Rechnung stellen.

 

Unseren Beziehungen zum bevölkerungsreichsten und wachstumsstärksten Teil der Welt, zu Asien, messen wir besondere Bedeutung bei.

 

Wir wollen unsere guten, engen Beziehungen mit Japan im wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Bereich weiter ausbauen.

 

Mit großer Befriedigung stelle ich fest, daß gerade in den letzten Jahren der Handel mit Indien und die Investitionen dort stark zugenommen haben.

 

Die Volksrepublik China spielt eine verantwortungsvolle, stabilisierende Rolle in der internationalen Politik Wir hoffen alle, daß dieses bevölkerungsreichste Land der Welt neue Anstrengungen auf dem Weg der Reformen nach innen und der Öffnung nach außen unternimmt.

 

Im Rahmen unserer traditionell engen Partnerschaft werden wir den Staaten Afrikas auch in Zukunft helfen, ihre wachsenden wirtschaftlichen Probleme, Hungersnöte, Flüchtlingselend und Epidemien zu lindern und möglichst auf Dauer zu überwinden.

 

Die Bundesregierung wird zusammen mit ihren europäischen Partnern die Republik Südafrika auch künftig auf dem schwierigen Weg der inneren Erneuerung und Befriedung ermutigen. Ich appelliere heute von dieser Stelle aus an alle politisch Verantwortlichen, die Apartheid endgültig zu beseitigen und das Werk der inneren und äußeren Versöhnung zu vollenden.

 

Mit Lateinamerika wollen wir durch Dialog, durch Kooperation und auch durch Öffnung unserer Märkte - bilateral und im EG-Rahmen - zur Stabilisierung der Demokratie und der Marktwirtschaft beitragen.

 

Dialog und Ausgleich zwischen Nord und Süd werden die großen Herausforderungen in den neunziger Jahren bleiben. Wir, die Bundesrepublik Deutschland, stehen zu unserer Verantwortung für die Menschen in der Dritten Welt. Das heißt konkret: Wir werden als vereintes Deutschland unsere Entwicklungshilfe auch in Zukunft steigern.

 

Unsere Hilfe kann aber nur dann erfolgreich sein, wenn in den Empfängerländern die entscheidenden Rahmenbedingungen stimmen: die Achtung der Menschenrechte und der Menschenwürde, demokratische und rechtsstaatliche Regierungsformen sowie wirtschaftliche Entwicklung statt Anhäufung von Rüstungspotentialen.

 

Gleichzeitig muß sich dort unternehmerische Initiative als Motor wirtschaftlicher Entwicklung verstärkt entfalten können. Die Bundesregierung wird neue Wege prüfen, wie über privatwirtschaftliche Strukturen brachliegende produktive Kräfte durch Kredite und Beratung geweckt werden können. Dies entspricht unserem Grundsatz, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten.

 

Die Verschuldung vieler Entwicklungsländer bleibt eines der drängendsten Probleme der Gegenwart. Wir werden in den zuständigen internationalen Gremien an Strategien zu ihrer Überwindung mitarbeiten. Wir werden ferner Rückflüsse aus der Kapitalhilfe vorrangig für Umweltschutz und Förderung des Privatsektors in der Dritten Welt einsetzen.

 

Wir, die Industrieländer und vor allem auch die Bundesrepublik Deutschland als zweitgrößtes Exportland der Welt, haben ein ureigenes Interesse und natürlich auch die besondere Verpflichtung, einen freien und weltoffenen Handel zu sichern.

 

In diesem Sinne werden wir in der Europäischen Gemeinschaft in den kommenden Wochen alles daransetzen, die Uruguay-Runde im GATT zu einem erfolgreichen Abschluß zu führen. Gerade in der jetzigen weltwirtschaftlichen Situation benötigen wir für alle klare und verbindliche Regeln im Welthandel. Meine Damen und Herren, die 90er Jahre werden das Jahrzehnt des weltweiten Umweltschutzes. Wir wissen: Die Erdatmosphäre zu schützen und Klimaschäden zu vermeiden, muß eine weltweite Gemeinschaftsleistung von Industrie- und Entwicklungsländern sein. Wir sind bereit, die Entwicklungsländer bei ihren Bemühungen um eine umweltgerechte Entwicklung solidarisch zu unterstützen. Dies schließt die Koppelung von Schuldenerleichterungen mit besonderen Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ein. Der Schutz der tropischen Regenwälder wird dabei ein Schwerpunktthema sein. Die unter maßgeblicher Beteiligung der Bundesregierung ergriffenen internationalen Initiativen müssen nun so schnell wie möglich - ehe es zu spät ist - konsequent weiterentwickelt und umgesetzt werden. Die Empfehlungen der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages sind dabei eine wichtige Orientierungshilfe. Meine Damen und Herren, die verantwortliche Gestaltung der Zukunft zwischen Ost und West, Nord und Süd ist nicht nur eine Aufgabe und Verantwortung des Staates, sondern eine Verpflichtung aller Bürger. Ich danke an dieser Stelle ausdrücklich den Kirchen und den gesellschaftlichen und humanitären Organisationen für ihr Engagement.

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zu Beginn dieser Erklärung habe ich von der neuen, der größeren Verantwortung gesprochen, die uns Deutschen jetzt zuwächst. Dieser Verantwortung werden wir uns - ob es uns immer genehm ist oder nicht - stellen müssen.

 

Mit Erfolg haben wir uns bisher besonders aktiv für wirtschaftliche Stabilität in der Welt eingesetzt. Dies allein wird künftig nicht mehr ausreichen. Jetzt wird von uns auch mehr Mitwirkung an der Lösung weltpolitischer Fragen erwartet.

 

Dies erwarten vor allem unsere Partner und Verbündeten. Gemeinsame Interessen bedeuten auch gemeinsame Pflichten. Deutschland muß daher künftig bereit sein, auch selbst an konkreten Maßnahmen zur Sicherung von Frieden und Stabilität in der Welt mitzuwirken.

 

Eine immer wichtigere Rolle bei der Friedenssicherung in der Welt spielen die Vereinten Nationen. Mit Recht wird erwartet, daß das vereinte Deutschland sein Engagement in diesem Bereich verstärkt. Hierfür wollen wir die verfassungsrechtlichen Grundlagen klarstellen. Die Bundesregierung wird hierüber das notwendige Gespräch mit den Bundestagsfraktionen führen.

 

Meine Damen und Herren, der neuen Verantwortung gerecht zu werden, erfordert Abkehr von manchen bequemen Denkschablonen der Vergangenheit. Es erfordert Mut zur Zukunft.

 

Mit der Vereinigung unseres Vaterlandes ist Deutschland in eine neue Epoche eingetreten. Nach fast 200 Jahren hat das Ringen um die politische Gestalt unseres Vaterlandes, um seine innere Ordnung und seinen Platz in Europa zu einem glücklichen Ende gefunden.

 

Zum ersten Mal in der deutschen Geschichte gehen Einheit, Freiheit und friedliches Einvernehmen mit unseren europäischen Nachbarn eine untrennbare Verbindung ein, und dafür sind wir dankbar.

 

Ganz Deutschland hat jetzt die Chance, sein inneres Gleichgewicht, seine Mitte zu finden. Dazu gehört, daß sich auch in Deutschland entfalten kann, was in anderen Nationen selbstverständlich ist: gelebter Patriotismus - ein Patriotismus in europäischer Perspektive, ein Patriotismus, der sich der Freiheit verpflichtet. Es geht jetzt darum, daß das vereinte Deutschland seine Rolle im Kreis der Nationen annimmt - mit allen Rechten und mit allen Pflichten. Dies wird zu Recht von uns erwartet, und wir müssen dieser Erwartung gerecht werden.

 

Es gibt für uns Deutsche keine Nische in der Weltpolitik. Es darf für Deutschland keine Flucht aus der Verantwortung geben. Wir wollen unseren Beitrag leisten zu einer Welt des Friedens, der Freiheit und der Gerechtigkeit. Das ist unsere Vision: eine neue Ordnung für Europa und die Welt, die auf dem Selbstbestimmungsrecht der Völker, der Unantastbarkeit der Menschenwürde und der Achtung der Menschenrechte beruht.

 

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Weg dorthin wird beschwerlich sein und - wie wir heute mehr denn je wissen - voller Risiken, ja Gefahren. Aber es lohnt sich, ihn zu gehen - zum Wohle der Menschen in Deutschland und in Europa und im Bewußtsein unserer Verantwortung für den Frieden in der Welt. Wir sind dazu bereit!“